Kritik unerwünscht?

Logo des Studentenwerkes ab 2008Es ist schon ein merkwürdiges Bild. Am vergangenen Montag traf sich die Vertreterversammlung des Studentenwerkes Tübingen-Hohenheim. In dieser Runde sind Vertreter der Hochschulleitungen, der Professorenschaft und der Studierenden aller acht Hochschule, die das Studentenwerk betreut. Ihre Aufgabe ist es den Verwaltungsrat (Aufsichtsrat) des Studentenwerks zu wählen. Dabei ist es üblich, dass die jeweiligen Vertreter der Standorte auch ihre Vertreter im Verwaltungsrat autonom bestimmen. Auch am vergangen Montag sah es anfangs wieder danach aus. Nachdem bereits bei den externen Vertretern die Studierenden der Universität Hohenheim den Landtagsabgeordneten Dieter Kleinmann, der gleichzeitig Ausschussvorsitzender im Wissenschaftsausschuss des Landtags ist, vorgeschlagen hatten und die Vertreterversammlung diesem Vorschlag der Uni Hohenheim folgte, stand die Besetzung der 3 studentischen Verwaltungsratsmitglieder auf der Tagesordnung. Im Vorfeld hatte man sich unter den studentischen Vertretern abgestimmt, dass es jeweils einen Vertreter aus Hohenheim, Tübingen und der kleineren Fachhochschulen geben solle und es gab auch eine Abstimmung, dass der bisherige Tübinger Vertreter noch einmal eine Amtszeit Mitglied des Verwaltungsrates sein solle.

Doch diese Rechnung wurde wohl ohne den Wirt (oder in unserem Fall, den Geschäftsführer) gemacht .  Dass man es ihm in den letzten Monaten, berechtigter Weise, nicht leicht gemacht hat, dürfte aus der Berichterstattung bekannt sein. Dass er jede Kritik auch als persönliche Anfeindung betrachtet und Kritiker im Allgemeinen nicht schätzt, hat er mehrfach deutlich gemacht. Und so wurde plötzlich eine studentische Kandidatin (gleichzeitig Angehörige des RCDS) aus dem Hut gezaubert, um den bisherigen Tübinger Vertreter, Daniel Keip, zu ersetzen.  Auch wenn bislang Parteizugehörigkeiten (zumindest offiziell) mit dem Geschehen um das  Studentenwerk wenig zu tun hatten, so zeigte sich in der folgenden Wahl eine überraschende Wende in dieser Tradition.

Entgegen dem bisher gängigen und gebilligten Vorgehen, die von den Studierenden vorgeschlagenen Kandidaten der Hochschulen zu wählen, wurde am vergangenen Montag nicht Daniel Keip für die Universität Tübingen in den Verwaltungsrat gewählt, sondern die vorher genannte Überaschungskandidatin des RCDS. Dass diese Wahl abweicht von dem Vorschlag der studentischen Vertreter in der Versammlung, schafft nicht nur einen Präzendenzfall. Der Wahlverlauf zeigt vielmehr, dass dies vielleicht ein Zeichen für den Anbruch einer neuen Zeit im Studentenwerk Tübingen- Hohenheim ist. Denn während man sich früher offen austauschte und gemeinsam für das Studentenwerk eintrat und auch kontrovers diskutieren konnte, scheint Kritik unter dem Geschäftsführer Schill nicht länger erwünscht zu sein. Hier wurde weder der Diskurs gesucht, noch auf die unterschiedlichen Meinungen eingegangen, hier sollten Kritiker schlicht und ergreifend mundtot gemacht werden. Obgleich die bisher vorgebrachte Kritik, so räumt es auch der Verwaltungsratsvorsitzende und Rektor Professor Dr. Bernd Engler ein, berechtigt ist und der Geschäftsführer, Englers Meinung zu Folge, noch einiges über den Umgang im universitären Umfeld zu lernen habe, sind kritische Stimmen auch bei den Vertretern der Hochschulleitungen scheinbar nicht sonderlich gelitten. Und so fiel das Ergebnis, wenn auch denkbar knapp, so doch für die anwesenden Studenten überraschend mit 22 zu 21 Stimmen für die Kandidatin des RCDS und gegen den Kandidaten der Universität Tübingen aus.

Obwohl sich auch die Studierenden aus Hohenheim und aus Rottenburg für den einstimmigen Vorschlag der Tübinger studentischen Mitglieder aussprachen, fand er keine Mehrheit. Nun wollen wir nicht den Anschein erwecken schlechte Verlierer zu sein, mutmaßen wer alles wie abgestimmt hat oder Verbindungen über Parteizugehörigkeiten herstellen. Uns geht es darum,  dass die Arbeit des Studentenwerks auch zukünftig von studentischer Seite ein Korrektiv erhält und die studentischen Belange ernst- und wahrgenommen werden.

Daher werden wir auch weiterhin die Arbeit des Studentenwerks und die Arbeit des Geschäftsführers sehr kritisch begleiten und versuchen, das Bestmögliche für die Studierenden, das Studentenwerk und die Hochschulregion zu bewegen. Auch wenn uns das nun zugegebenermaßen schwerer fallen wird.