„Wir werden darüber noch einmal sprechen müssen.“

Siegerentwurf zur Planung des Campus der ZukunftDenken ohne Denkverbote, so die Forderung des Rektors der Universität Tübingen Bernd Engler am vergangenen Dienstag Abend. Das muss ihm und der Uni erlaubt sein, wenn sich die Universität den veränderten Bedingungen anpassen soll. Doch diese Forderung, so das Credo des Großteils der Zuhörer, muss sich der Rektor weder ausbedingen noch jemandem abtrotzen. Die mehr als 200 tübinger Bürger, die am Dienstag Abend in den Festsaal kamen, um sich vom Oberbürgermeister Boris Palmer, dem Rektor Prof. Dr. Bernd Engler und dem Leitder des Amtes für Vermögen und Bau (ehem. Unibauamt) Bernd Selbmann über die Campuspläne informieren zu lassen, wollten vor allem wissen, was geplant ist, warum ein Umgestaltung nötig sei und welche Schritte die nächsten bei der Realisierung der Pläne zur Campusumgestaltung sind.

Englers Präsentation über Gründe und Ausmaß einer Neustrukturierung des Univiertels war von Beginn an eine Verteidigungsrede. Fotos von durchnässten Wänden und bröckelndem Putz veranschaulichten die rund 500 Millionen Euro Sanierungsrückstand und zeigen, dass man sich jahrzehntelang nicht um eine angemessene Wartung der Gebäude kümmerte. Die selbstverschuldete miserable Situation ist nun Begründung für einen Neuanfang.

Der Rektor befand sich aus seiner eigenen Sicht in der Defensive musste er doch mehrfach der Bürgerschaft versichtern, dass die Planung mit dem Prozess der Realisierung nichts zu tun habe. Zu Recht fragte sich das Publikum, warum über 160.000 Euro für einen Ideenwettbewerb ausgegeben wurden, in dem völlig realisierungsfremd und ohne planerische Grundlagen Luftschlösser gebaut wurden. Kein Wunder, dass in vielen der Campusentwürfe historisch und architektonisch wertvolle Gebäude abgerissen werden, die zum Teil auch noch unter Denkmalschutz stehen.

Tübinger Bürger sorgen sich um Gebäude wie die Unikasse, das Kanzlerhaus, oder die Baumgarten-Mensa, die den besonderen Charakter des Univiertels ausmachen. Die Diskussion macht deutlich, dass es den Bürgern keinesfalls um eine pauschale Opposition geht. Vielmehr wollen sie in den Planungsprozess mit einbezogen werden, um konstruktiv Lösungen zu finden. Denn das bauliche Bild der Universität ist eng mit dem der Stadt verbunden. Einem Campus, der Rücksicht auf den Charakter der Stadt nimmt, das wurde deutlich, stehe niemand im Wege.

Doch muss eine so tiefgreifende Umstrutkurierung und Veränderung auch im Dialog mit den Bürgern erfolgen und so zeichnete sich in der Diksussion heraus, dass bei den ersten Bausteinen des neuen Campus, dem Mensaneubau, noch keine Einigung erreicht ist. Verschiedene Wortmeldungen machten deutlich, dass die bestehende Mensa sinnvoll saniert werden sollte anstatt eine Neue zu bauen und die alte dem Verfall preiszugeben. Denn noch ist unklar was mit diesem gebäude im Falle eines Neubaus erfolgen soll.

Von studentischer Seite wurde vorgeschlagen die Prioritäten neu zu gewichten und sich zunächts für die Realisierung eines studentischen Servicezentrums einzusetzen, denn das sei es, was Tübingen im Moment brauche und was die Qualität der Betreuung erheblich verbessern könnte.

Auch Oberbürgermeister Palmer erklärte, dass bei der Frage Mensa – Neubau oder Sanierung, noch nicht alle Messen gesungen sind und eine ergebnisoffene Diskussion noch ausstehe. Er forderte als Vertreter der Stadt diese Diskussion ein, weshalb der Rektor und Bernd Selbmann sich veranlasst sahen noch einmal deutlich zu machen, dass die Finanzierung der Maßnahmen nicht gefährdet werden dürften.

Oberbrügermeister Palmer stimmte beiden zu indem er deutlich machte, dass die Zusage des Landes über 20 Mio. Euro nicht gefährdet werden dürfte, aber die Entscheidung für einen Neu- oder Umbau von den Bürgern und Studierenden getroffen werden muss. Dafür hat es aus seiner Sicht noch Zeit und so setzte er sich für eine öffentliche Veranstaltung im Oktober zu diesem Thema ein. Dem stimmt der Rektor, wenn auch unter sichtlichen Bauchschmerzen, letztlich zu.

So sind wir denn auf die Veranstaltung gespannt und werden uns auch weiterhin für die Universität konstruktiv einsetzen und diesen Prozess begeleiten.