Am vergangenen Dienstag trafen sich Studierende der baden-württembergischen Hochschulen mit Wissenschaftsminister Peter Frankenberg im Ministerium in Stuttgart. Der Minister sah Bedarf, sich über die Probleme der Umsetzung des Bolognaabkommens zu informieren und Anregungen für die heutige Kultusministerkonferenz (KMK) zu holen. Für eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Folgen der sorglosen Einführung der neuen Studiengänge reichte das zweieinhalbstündige Gespräch jedoch nicht. Frankenberg sicherte weitere Treffen dieser Art zu. Studierende kristisieren, dass größere Probleme vernachlässigt werden.
Das neue BAMA (Bachelor/Master)-Konzept Frankenbergs sieht eine verstärkte Qualitätssicherung der Studiengänge in Verantwortlichkeit der Unis. Weiterhin will das Ministerium die Struktur der neuen Studiengänge in zweierlei Hinsicht verändern: zum einen hält er eine Überarbeitung der kleingliedrigen und unter- bzw überlasteten Modulstrukturen für nötig. Zum andern soll die Grundstruktur der Bachelorstudiengänge die Option auf einen 4-Jahres-BA bieten, der dem bisherigen BA ein Orientierungsjahr vorschaltet. Frankenberg erklärt, dass somit eine Überschreitung der 5-Jahres Regelstudienzeit bei einem 4+2 (BA+MA) Studium statfinden kann. Diesen Weg ist er gewillt auch ohne die KMK zu gehen. Auf Nachfrage sagt Frankenberg den Studierenden zu, sich für ein gesetzliches Verbot von Maximalstudienzeiten einzusetzen.
Studierende kritiseren, dass die Vorstellungen Frankenbergs eine größere Arbeitsbelastung der Hochschulen bedeuten, der keine entsprechende Finanzierung folgt. „Frankenberg ignoriert schlicht und einfach die andauernde Unterfinanzierung der Hochschulen!“, beschwert sich VWL-Ersti Jan-David Bakker. „Dieses Modell löst nicht das Problem von überfüllten Seminaren und dem schlechten Betreuungsverhältnis! Wir brauchen mehr Lehrende!“, so Geographiestudent Franz Füg.
Die Studierenden forderten im Gespräch mit dem Wissenschaftsminister einen MA als Regelstudium, der die Option auf einen Zwischenausstieg als BA bietet. „Die Studierenden sind somit felxibler, wenn sie ein Jobangebot haben, besitzen aber mit der Einschreibung den Anspruch auf einen höheren Abschluss.“, erklärt ein Karlsruher Studierendenvertreter. Frankenberg schien angesichts dieser Vostellung nachdenklich. Der augenblickliche Leistungsdruck der BA-Studierenden, die sich der geringen Zahl an MA-Studienplätzen bewusst sind, gehe auf Kosten der Psyche, klagt ein studentischer Gesprächsteilnehmer. Er beruft sich auf Zahlen der psychotherapeutischen Beratungsstelle seines Studentenwerks, nach denen der Beratungsbedarf seit der Bolognia Umsetzung massiv angestiegen sei, und jeder zweite Hilfesuchende Suizidgedanken habe.
Die Gefühle unter den Studierenden nach dem Gespräch sind gemischt. Warum werden erst nach der BAMA Einführung Studierende zu Rate gezogen, und warum nur im kleinen Rahmen. Eine angemessene Beteiligung der Studierenden in den Hochschulstrukturen hätte viele Probleme von vornherein verhindern können, zumal die Ausweitung studentischer Mitbestimmung Teil des Bolognaabkommens ist. Warum gibt es keine gewählten politischen studentischen Vertreter, wenn das Ministerium offensichtlich genau so etwas benötigt um gute Politik zu führen? Und: nimmt man sich endlich der tatsächlichen Problemen der Hochschulpolitik an?