Zum Stand der Fakultätsneugliederung der neuen philosophischen Fakultät

Der Brechtbau
Der Brechtbau an der Wilhelmstraße in Tübingen.

Um 24 Uhr, war man sich einig: Man wird sich im Moment nicht einig. Am Montag, den 7. Dezember 2009, tagte der Fakultätsrat der neuphilologischen Fakultät. Thema der außerordentlichen Sitzung war der momentane Stand der Fakultätsneugliederung, daher rührte auch die Anwesenheit des Rektors Professor Dr. Engler und des Gründungskoordinators der neuen philosophischen Fakultät Professor Dr. Leonhard. Aus eins mach drei – so die Devise der beiden, die wollen, dass der Brechtbau in der neuen Großfakultät zu drei Departments aufgespalten werden soll.

Fortan soll aus der bisherigen Neuphilologischen Fakultät dann ein fremdsprachliches Department, ein germanistisches Department und eines für Medienwissenschaften und Rhetorik werden. Grund für diese Pläne ist die Sorge, dass der Brechtbau als eigenständiges Department in der zukünftigen Großfakultät eine dominierende Rolle übernehmen könnte und darunter die anderen Fakultätsteile wie Philosophie/Geschichte oder die Kulturwissenschaften leiden. Dass damit auch eine funktionierende und geübte Struktur zerschlagen wird, die es wie keine andere an dieser Universität vermag, exzellente Köpfe zusammen zu bringen und Synergien tatsächlich zu nutzen, wird unter den Teppich fallen gelassen.
Diesen Aspekt, den sowohl die Studierendenvertreter wie Lehrende in den zahlreichen Gremien, die mehr oder weniger mit der Fakultätsneugliederung betraut sind, geäußert haben, außer Acht zu lassen, ist denkbar kurzsichtig. Doch hier zeigt sich wie schwierig auch der gesamte Prozess ist und war und wie kompliziert die Zusammenarbeit mit dem Gründungskoordinator der neuen Fakultät ist. Während schon zu Beginn seiner Amtszeit darauf hingewiesen wurde, dass sich ein Amt als Dekan und unabhängiger Moderator des Fusionsprozesses nicht vertragen, hat es bis diese Woche gebraucht, bis Herr Leonhard seinen Rücktritt vom Amt des Dekans der kulturwissenschaftlichen Fakultät erklärte. Damit sind zwar die Probleme noch nicht gelöst, aber ein erster Schritt zu einer sinnvollen Zusammenarbeit scheint damit gemacht. Wenn er jetzt noch die Gründungskommission einberufen würde, die den Prozess mit Vertretern aller Gruppen begleiten soll, wäre ein weiterer Schritt weg von unverbindlichen Einzelgesprächen hin zu klarem Austausch gelungen. Doch da sich nicht nur dieses Jahr, sondern auch das Semester dem Ende entgegen neigt, wird deutlich, wie viel Zeit bisher vertan wurde, ohne dass konkrete Schritt hin zu einer neuen Fakultät gemacht sind.
Ein Beleg dafür ist auch die Anwesenheit des Rektors bei der Fakultätsratssitzung des Brechtbaus, denn auch er sieht die zeit schwinden und die greifbaren Ergebnisse bislang noch nicht. Nun allerdings die Aufspaltung des Brechtbaus voranzutreiben, um zu zeigen, dass sich sehr wohl etwas bewegt, ist mehr als kontraproduktiv. Die Not des Rektors, das Projekt Fakultätsneugliederung nicht scheitern zu lassen ist nachvollziehbar, dafür aber eine Fakultät und deren Arbeitsweise – der er selbst lange auch verantwortlich angehörte, komplett zu schleifen ist nicht nur demotivierend sondern auch dämlich. Will die Universität tatsächlich mit ihren Pfründen bei den nächsten Exzellenzuniversitäten wuchern, so kann sie dies nicht ohne eine starke Neuphilologie und deren Projektvorschläge tun. Eine reine Konzentration auf die Naturwissenschaften wird weder der Tradition der Universität noch der Bezeichnung einer Volluniversität gerecht. Dies Neuorientierung auf die Naturwissenschaften und Zersetzung der Neuphilologie unter dem Deckmäntelchen von Harmonisierung und verhältnismäßig gleichgroßen administrativen Ebenen voranzutreiben ist nicht nachteilig, nein es gefährdet sogar den Erfolg der Exzellenzbewerbung Tübingens.
Wenn man bedenkt, dass gerade Exzellenzkriterien und die Umstellung auf die Finanzbuchhaltung ausschlaggebend für den Prozess der Fakultätsneugliederung waren, dann sieht man was nunmehr übriggeblieben ist. Aus den administrativen Gründen der Umstellung auf die Finanzbuchhaltung werden bestehende Strukturen aufgelöst, Fakultäten zusammengefügt und Mitspracherechte reduziert, diese Art von Orientierung der Universität auf Sachzwänge ist das Gegenteil von innovativ oder exzellent.

Dass der Brechtbau bzw. die zukünftige philosophische Fakultät dabei keine Ausnahme ist, haben auch die Studierenden der neuen sozial-/wirtschaftswissensachftlichen Fakultät und der neuen naturwissenschaftlichen Fakultät erlebt. Während es am Brechtbau und mit dem Gründungskoordinator mehr oder weniger offen Auseinandersetzungen gibt, sind es bei diesen Neufakultäten ruhiger Konflikte, die sich auf bestimmte Problemfelder konzentrieren. Doch auch hier wird deutlich, welche Kommunikationsprobleme teilweise vorherrschen und wie unter dem Vorwand der Verfahrensbeschleunigung Gremienvertreter vor vollendete Tatsachen gestellt werden sollen.
Wir werden uns auch weiterhin in den Kommissionen und Gremien für die Fakultätsneugliederung in einem offenen und transparenten Rahmen einsetzen und dabei nicht stupide versuchen alles gleichmacherisch zu behandeln sondern individuelle Lösungsalternativen aufzuzeigen.