So schnell er da war, so schnell war er auch wieder weg. Eine Stunde sah der Terminkalender des Ministerpräsidenten Stefan Mappus für den Besuch der Universität Tübingen vor und nach ziemlich genau einer Stunde war sein „Rundgang“ über den Campus auch schon wieder beendet.
Warum das ganze? So mitten in den Semesterferien und dann mit einem vier Sterne Reisebus, auf dem grellorange drei Buchstaben prangen, die weniger etwas mit Baden-Württemberg als mehr mit Merkel, Seehofer und eben auch Mappus zu tun haben? Im März nächsten Jahres stehen Landtagswahlen an und weil im Frühjahr so selten die Sonne lacht und man sich entsprechend selten hemdsärmlig und bürgernah zeigen kann, findet im Moment die Sommertour des CDU-Landesvorsitzenden statt. Was für ein Glück, dass der auch Stefan Mappus heißt, denn so öffnen sich auch Türen, die für Partei- und Werbeveranstaltungen sonst oft verschlossen bleiben. Das gibt dann auch die schönen Werbefotos, des sorgenden Landesvaters, die man im nächsten Jahr dann auf den bunten Werbebroschüren wiederfinden kann.
Inhaltlich sollte sich der Besuch vor allem mit dem geplanten „Campus der Zukunft“ beschäftigen.
‚Herr, die Not ist groß!‘, so könnte man die Lage der Universität Tübingen bezeichnen. Fast eine halbe Milliarde Euro Sanierungsrückstau und kein Ende in Sicht. Da musste man die Universität nicht lange bitten, als der Ministerpräsident einen Orstbesuch ankündigte, um sich von der Not zu überzeugen. So konnte der Kanzler der Universität zusammen mit dem Leiter des Amtes Vermögen und Bau Tübingen und dem Prorektor für Internationales vor Ort nicht nur die Not beschreiben, sondern auch das Projekt, dass den Ausweg bieten soll. Den „Campus der Zukunft“.
Natürlich freuten sich auch all diejenigen, die dem Ministerpräsidenten gerne vis-a-vis sagen wollten, was sie von Großbauprojekten wie dem stuttgarter Projekt S21 mit Kathedralen der Zukunft und dem Abriss der Vergangenheit halten. Nicht viel, dass wurde jedenfalls deutlich.
Doch heute sollte die tübinger Not im Mittelpunkt stehen und so besuchte der Ministerpräsident denn auch begleitet von fünfzig – zumeist mit schwarzem Parteibuch ausgestatteten, Zuhörern, den tübinger Bonatzbau, die Mensa, die Alte Physik und die Neue Aula. Zugegeben, der Campus ist größer und auch die Planungen des „Campus der Zukunft“ umfassen weit mehr, doch auf diesem kleinen Stück treffen sich die notwendigen und die nächsten Projekt wie in einem Brennglas. Und eben auch wegen dieses Bereichs und seiner Bauten regt sich Unmut. Denn während Bernd Selbmann, der Leiter des Amtes Vermögen und Bau, und Bernd Engler, der Rektor der Universität Tübingen, beim Ideenwettberwerb „Campus der Zukunft“ noch ohne Denkverbote auch wertvolle Denkmäler zum Abriss freigeben wollten, sind sie nun Dank der Bürgerinitiative Wilhelmsvorstadt/Univiertel davon abgegangen.
Gerade die geplanten Abrisse von Mensa, Clubhaus, Teilen von Alter Physik und Alter Archäologie, sorgten schon früh für deutlichen Unmut und forderten die Verantwortlichen in der Universität und dem Land zum Umdenken auf.
Dabei hat aber gerade die Bürgerinitiative immer mit hoher Sachkenntnis der Materie und Offenheit gegenüber den Nöten und Problemen der Universität argumentiert, was insbesondere bei den politischen Entscheidungsträgern goutiert wird. Das wurde einmal mehr durch die Zuarbeit für den Ministerpräsidenten für seinen Besuch in Tübingen deutlich. Denn anders als die Universität und das Amt Vermögen und Bau am Anfang dieses Protestes es hinstellen wollten, war die Bürgerinitiative nie einfach dagegen. Im Gegenteil, eigene Vorschläge, Alternativen und Kostenrechnungen auf seriösen Grundlagen, zeigen nicht nur ein enormes Wissen der Aktiven sondern auch die Bereitschaft miteinander ins Gespräch kommen zu wollen.
Das anerkannte auch der Ministerpräsident und erklärte sich bereit, für die Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerinitiative auch einen Termin in seinem stuttgarter Amtssitz, der Villa Reitzenstein, freizuschaufeln. Gerade die aktuelle bauliche Situation der Universität und die finanziellen Nöte von Bund, Ländern und Gemeinden fordern kreative und sparsame Lösungen. Dass das in Tübingen mit seiner konstruktiven Gesprächsatmosphäre gelingen kann, davon konnte sich der Minsiterpräsident überzeugen und das ist nicht zuletzt Verdienst der Bürgerinitiative Wilhelmsvorstadt/Univiertel, in der auch die Fachschaftenvollversammlung engagiert ist. „Für uns alle ist es das Wichtigste, rasch zu einer baulichen Lösung zu kommen, die die Weiterentwicklung von Forschung und Lehre an der Universität befördern kann“, so lautete denn auch das Resümee des Universitätskanzlers Andreas Rothfuß an diesem Tag, von dem sich alle angesporchen fühlten.
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