Der Versuch des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, möglichst viele Studierende über eine Online-Beteiligungsplattform in die Diskussionen über das VS-Gesetz einzubeziehen, ist erfreulich. Über das Internet ist es leichter möglich, viele Studierende zu erreichen, auch solche, die nicht regelmäßig in ihren Studierendenvertretungen aktiv sind. Das kann durchaus sinnvoll sein – allerdings nur, wenn die Online-Beteiligung gut umgesetzt wird und wenn sie andere Formen der Anhörung und Beteiligung nicht ersetzt, sondern ergänzt.
Ankündigung der Online-Beteiligungsplattform
Die Kampagne zur Plattform Wir-wollen-deinen-Kopf.de fiel in die Semesterferien und somit in eine Zeit, zu der viele Studierende über Plakate in Universitätsgebäuden gar nicht erreicht werden. Die Plakate waren nicht aussagekräftig. Es fehlten das Stichwort „Verfasste Studierendenschaft“ und eine zumindest kurze Erklärung, worum es dabei geht. Selbst Studierende, die sich bereits mit der Verfassten Studierendenschaft auseinandergesetzt hatten, konnten anhand der Plakate nicht direkt erkennen, wofür geworben wird. Die meisten Studierenden hatten sich noch gar nicht mit den anstehenden Gesetzesänderungen befasst. Darauf hätte bei der Gestaltung der Plakate geachtet werden müssen.
Technische Umsetzung
Auf den Ankündigungsplakaten fehlte ein QR-Code. Damit wurde ein Teil der Aufmerksamkeit, die sie hätten erzeugen können, verschenkt. Die Website hätte neben der offiziellen Adresse auch über ähnliche Adressen wie „Wirwollendeinenkopf.de“ erreichbar sein müssen, um Verwechslungen vorzubeugen.
Auswertung und Stellungnahme
Die Landesregierung freut sich über rund 48.000 Besucher_innen auf Wir-wollen-deinen-Kopf.de. Dabei ist zu beachten, dass ein Großteil dieser Besuche von Studierendenvertretungen an den Hochschulen stammen dürften, die regelmäßig die Vorgänge auf der Internetseite beobachtet haben. Aussagekräftiger sind die Zahlen der registrierten Nutzer_innen und Beiträge, die deutlich geringer ausfallen. Etwa 190 registrierte Benutzer_innen sind gemessen an der Studierendenzahl im Land verschwindend wenige.
Auf der Internetseite findet sich nach Abschluss der Diskussion lediglich eine statistische Auswertung der Beiträge und Abstimmungen. Es fehlt eine Stellungnahme der Wissenschaftsministerin zu den Anregungen und Kritikpunkten der Nutzer_innen. Für die Öffentlichkeit ist nicht ersichtlich, ob und wie Hinweise aus dem Online-Verfahren in den aktuellen Stand des Gesetzesentwurfs Eingang gefunden haben.
Online-Plattform als Ergänzung, nicht als Ersatz anderer Beteiligungswege
Eine Beteiligungsplattform im Internet kann herkömmliche Anhörungen ergänzen, aber nicht ersetzen. In diesem Zusammenhang muss die Zusammensetzung der Gesprächsrunde, die ins MWK geladen und mit einzelnen Statements auf Wir-wollen-deinen-Kopf.de zitiert wurde, kritisiert werden. Völlig unverständlich ist, weshalb auf Seiten der Studierenden drei Vertreter_innen von Initiativen einbezogen wurden, die keinerlei Bezug zum Thema haben (Greening the University, AIESEC, Arbeiterkind). Die Auswahl der übrigen Studierenden nach Hochschultypen und politischen Richtungen lässt das Ziel erkennen, ein breites Meinungsspektrum zu erfassen. Sie bildete jedoch die Meinungen der Studierenden an den Hochschulen nicht angemessen ab. Um ein repräsentatives Bild zu bekommen, hätte das Wissenschaftsministerium Studierendenvertreter_innen aus allen Hochschulen im Land einladen müssen. Diese sind durch die Studierenden, für die sie sprechen, legitimiert und befassen sich zum Teil bereits seit mehreren Semestern in Arbeitskreisen mit der Verfassten Studierendenschaft.