Informationen zu den Qualitätssicherungsmitteln

Zusammengestellt im Auftrag des Studierendenrats und der FachschaftenVollversammlung (FSVV)

Inhalt

  1. Was genau sind die Qualitätssicherungsmittel (QSM), wofür sind sie da und wie wurden sie bislang vergeben?
  2. Was sind (seit dem letzten Jahr) die wesentlichen strittigen Punkte bei der Vergabe der QSM in Tübingen?
  3. Was passiert, wenn ein Einvernehmen zwischen Unileitung und Studierenden nicht hergestellt wird?
  4. Was waren die wesentlichen Ergebnisse der Schlichtung im September 2013?
  5. Warum sind die Studierenden aus der zentralen QSM-Kommission zurückgetreten?
  6. Welche Auswirkungen hat der Rücktritt der Studierenden auf die Mittelvergabe 2014 und was wird nun aus den Anträgen?
  7. Wie soll es künftig weitergehen?

1. Was genau sind die Qualitätssicherungsmittel (QSM), wofür sind sie daund wie wurden sie bislang vergeben?

Die QSM wurden im Jahr 2011 eingeführt. Sie sollten die abgeschafften Studiengebühren ersetzen und im Einvernehmen mit einer Vertretung der Studierenden vergeben werden. Sie sollten der Sicherung der Qualität in Studium und Lehre dienen und sind dafür zweckgebunden. DasWissenschaftsministerium (MWK) versprach den Studierenden dabei mehr Mitsprache und vermehrte Transparenz. Details sind im Qualitätssicherungsgesetz und der zugehörigen Gesetzesbegründung nachzulesen. Die Realität sieht leider anders aus.

Das Vergabeverfahren für die Mittel, also wie das Einvernehmen mit den Studierenden hergestellt wird, regelt jede Hochschule selbst. In Tübingen wurde das Vergabeverfahren der Studiengebühren beibehalten, nur mit dem Unterschied, dass die Studierenden nicht mehr bloß informiert werden (Benehmen), sondern ihre Zustimmung erklären müssen (Einvernehmen).

Insgesamt hat die Uni Tübingen jährlich etwa 14 Millionen Euro an QSM zu vergeben. Diese werden in drei Blöcke geteilt:

  1. 25% werden für die LOM Lehre verwendet (d.h. Mittel, die früher, vor Einführung der Studiengebühren, aus dem Unihaushalt kamen, dann aus Studiengebühren übernommen wurden und direkt für Lehre in die Budgets der einzelnen Fächer gehen), in dem Block sind außerdem Mittel für die UB und das ZDV und Mittel für Exkursionszuschüsse enthalten.
  2. 25 % werden per Antrag an zentrale Einrichtungen der Uni gegeben, bislang z.B. das Fachsprachenzentrum, die UB, die BWBS-Veranstaltungen für Lehramtsstudierende, aber auch die zentrale Verwaltung (Studentenabteilung) oder das Zentrum für Evaluation und Qualitätsmanagement (ZEQ).
  3. 50% werden per Antrag in die Fakultäten und dort größtenteils in die einzelnen Fächer gegeben – das sind die Anträge, die in den Einzelfächern jeweils von Studierenden unterschrieben werden müssen. Dabei gibt es einen Verteilungsschlüssel, der festlegt, welche Fakultät/welches Fach wie viel bekommen kann; das Geld wird aber eben nicht einfach zugewiesen, sondern fließt nur, wenn entsprechende Anträge bewilligt werden.

Für den ersten Block vertritt die Uni die Auffassung (und sieht sich dabei vom MWK bestätigt), dass hierfür gar kein Einvernehmen hergestellt werden müsse, weil es sich um langfristige Festlegungen aus Studiengebührenzeiten handele.

Für den zweiten Block wird das Einvernehmen mit den Studierenden über die Anträge in der zentralen Kommission zur Erörterung der Vergabe der QSM hergestellt.

Auch die Anträge aus dem dritten Block werden in die zentrale Kommission gegeben. Da das Gesetz, das den Rahmen für die Vergabe der QSM steckt, ein zentral herzustellendes Einvernehmen vorsieht, so lange keine pauschale Vergabe an die Fakultäten erfolgt, und da die Fakultäten/Fächer ihr Geld ja antragsbezogen erhalten, ist die Studierendenvertretung der Auffassung, dass das letztgültige Einvernehmen auf der zentralen Ebene in der Kommission hergestellt wird. Die Unileitung vertritt (inzwischen) die Meinung, das Einvernehmen werde dezentral in den Fächern hergestellt – diese Meinung wird vehement vertreten, seit die Studierenden in der zentralen Kommission ihr unbequem geworden sind…

2. Was sind (seit dem letzten Jahr) die wesentlichen strittigen Punkte bei der Vergabe der QSM in Tübingen?

Faktisch bedeutet das studentische Einvernehmen – egal, auf welcher Ebene es erfolgt – weniger Einfluss auf die Vergabe, als es zu bedeuten scheint. Da der Unihaushalt knapp ist, wirdaus den QSM in den Fächern vielfach die Finanzierung von Lehrangeboten beantragt, die eigentlich zur Grundsicherung der Lehre gehören und somit aus dem Unihaushalt abgedeckt seinmüssten. Die Studierenden in den Fachschaften stehen unter Druck, den Anträgen trotzdem zuzustimmen, weil damit gedroht wird, dass die Uni keine alternative Finanzierung bereitstellt und bei fehlendem Einvernehmen wichtige Lehrveranstaltungen, Tutorien oder anderes ersatzlos gestrichen werden. Was sollen die Studierenden in einer solchen Lage tun? Oft unterschreiben sie wider besseres Wissen. Teilweise werden die Studierenden auch genötigt zuzustimmen, indem Lehrende sagen: „Wenn Sie nicht unterschreiben, suche ich mir einen anderen Studenten, der mir das unterschreibt.“ Es wäre zu einfach gedacht zu unterstellen, die Lehrenden wären ‚die Bösen‘, denn in den Instituten hat man oft tatsächlich keine Alternative zu den QSM, um den grundständigen Lehrbetrieb aufrecht zu erhalten. Das Ganze zeigt aber, dass ein wirklicher Entscheidungsspielraum, wofür die QSM verwendet werden sollen, für einen Großteil der Mittel in Wirklichkeit nicht gegeben ist – dann ist auch ein studentisches Einvernehmen wenig wert, denn wenn wir zum Zustimmen keine Alternative haben, müsste man uns auch nicht fragen.

Noch problematischer wird es, wenn auch die Fakultäten die QSM – ob aus der Not heraus oder weil es der einfachste Weg ist – statt in die Lehre in Verwaltungsstellen (z.B. in Prüfungsämtern) stecken. Die QSM sind für die Lehre zweckgebunden! Zwar wird seitens der Fakultäten argumentiert, ohne Prüfungsämter könnte das Studium ja auch nicht funktionieren, aber genauso könnte man behaupten, ohne Gebäude und eine funktionierende Heizung könnte die Lehre nicht stattfinden, dann wären auch Bau- und Gebäudebetriebskosten auf einmal Mittel für die Lehre (was übrigens auch schon ernsthaft argumentiert worden ist). Ähnlich wird auf der zentralen Ebene über die Finanzierung von Stellen in der Studentenabteilung und im ZEQ aus Block II diskutiert, also auch Verwaltungsstellen, für die die QSM eigentlich nicht gedacht sind.

Die Frage, was das MWK unter „Lehre“ versteht, haben wir mehrfach gestellt, aber keine klare Antwort erhalten. Daher halten wir uns in unserer Auffassung an den Gesetzestext und die Gesetzesbegründung: Diese decken weder Verwaltungsstellen noch Heizkosten ab, sondern definieren Lehre enger, nämlich als Lehrveranstaltungen, Tutorien, Lehrmaterialien und Ähnliches.

Ein anderer Konfliktpunkt ist noch eindeutiger rechtlich einzuordnen: Das Qualitätssicherungsgesetz verbietet Substitutionen. Das bedeutet: Lehre, die bislang aus Haushaltsmitteln der Uni finanziert wurde, darf nicht in die QSM verschoben werden. Trotzdem findet Substitution statt. Im letztenJahr wurde eine halbe Stelle in der Lehre eindeutig umfinanziert und die Studierenden in der zentralen Kommission haben der Finanzierung dieser Stelle aus QSM daher widersprochen. In diesem Jahr gibt es einen ähnlichen Fall. Wo und wie oft wirklich substituiert wird, ist kaum nachvollziehbar, weil wir dafür Einblick in den Haushalt der Uni außerhalb der QSM haben müssten, was aber nicht der Fall ist. Wir sind also auf mehr oder weniger zufällige Einzelfallbeobachtungen beschränkt.

Strittig ist auch, dass die Anträge aus den Fächern nicht überall, wie es vorgesehen ist, nach Prioritäten in eine Reihenfolge gebracht werden bzw. die Priorisierungen nicht eingehalten werden. Wenn ein Fach mehr beantragt, als es zugewiesen bekommt, haben die Studierenden dann keinen Einfluss mehr darauf, welche Posten aus dem Antrag aus der bewilligten Summe finanziert werden und welche nicht. Dieses Problem betrifft ausdrücklich nicht alle Fächer, aber einige.

3. Was passiert, wenn ein Einvernehmen zwischen Unileitung und Studierenden nicht hergestellt wird?

Das MWK hat ein Verfahren vorgesehen, das greift, falls ein Einvernehmen nicht erreicht wird. Dieses Verfahren ist in der Einvernehmensersetzungsverordnung (EEVO) festgelegt, die das MWK erlassen hat. Wird kein Einvernehmen erzielt, so wird zunächst eine Schlichtung durchgeführt und versucht, doch noch zu einer Einigung zu kommen. Dazu wird im Regelfall eine Schlichtungskommission gebildet, die sich aus zwei Studierenden, zwei Vertreter_innen des Rektorat und einem_r Schlichter_in zusammensetzt. Der_die Schlichter_in muss ein Mitglied des Hochschulrats (Aufsichtsrat der Hochschule) sein. In der Schlichtung können die beiden „Parteien“, also Studierende und Rektorat, ihre Stimme jeweils nur gemeinsam abgeben. Der_die Schlichter_in hat ebenfalls ein Stimmrecht. Kommt keine Einigung zustande, so kann der_die Schlichter_in eine Entscheidung treffen. Er_sie hat aber auch die Möglichkeit sich zu enthalten, also für keine Seite Partei zu ergreifen. In dem Fall gehen die strittigen Punkte an das MWK, das das Einvernehmen der Studierenden ersetzen kann.

Die Hochschulen haben die Möglichkeit, stattdessen ein eigenes Schlichtungsverfahren zu etablieren, das vom durch die EEVO vorgesehenen Regelmodell abweicht. Tübingen hat dies bislang nicht getan und die Studierenden sehen dafür auch keine Notwendigkeit. Das Regelmodell funktioniert, wenn alle Beteiligten die Schlichtung ernst nehmen – was ohnehin die Voraussetzung jedes Schlichtungsverfahrens ist.

Was waren die wesentlichen Ergebnisse der Schlichtung im September 2013?

Im September 2013 hat eine Schlichtung stattgefunden und für alle strittigen Anträge wurde ein Einvernehmen hergestellt. Vielen Anträgen haben die Studierenden letztlich doch zugestimmt, weilklar war, dass beispielsweise Stellen in der Verwaltung, die bereits besetzt sind, auch einen gewissen Bestandsschutz genießen (schließlich sitzen auch Menschen mit Arbeitsverträgen auf den Stellen!) und nicht alle auf einmal wieder in den regulären Haushalt der Uni übernommen werden können. Es wurde aber vereinbart, über diese Stellen und ihre Finanzierung neu zu verhandeln, sobald sie frei werden.

In zwei wichtigen Punkten kam das Rektorat in der Schlichtung den Forderungen der Studierenden entgegen: bei der Finanzierung einer vollen Stelle in einem Prüfungsamt und desUmfangs ca. einer halben Stelle im ZEQ. Für beide wurde eine Finanzierung aus dem regulären Haushalt zugesagt, im ersten Fall durch eine schrittweise Überführung aus den QSM in den Haushalt der betreffenden Fakultät (Finanzierung noch zu 50% aus QSM in 2014, komplette Übernahme in den Fakultätshaushalt ab 2015). Dies war der Kompromiss, den die beiden Rektoratsvertreter_innen für das laufende Jahr einzugehen bereit waren. Aus Sicht der Studierenden war dies angesichts der vielen Stellen, die nicht in den Haushalt übernommen wurden, kein Riesenerfolg, aber ein realistischer Kompromiss, dem man zustimmen konnte.

Außerdem wurde vereinbart, für die Zukunft eine Leitlinie zu erarbeiten, die uni-intern regeln und für jede_n einsehbar verdeutlichen soll, wie die QSM vergeben werden, wofür sie eingesetzt werden können und wofür nicht. Einige Grundsatzfragen, für die größerer Diskussionsbedarf bestand, als in einer einzigen Schlichtungssitzung aufgefangen werden konnte, und in deren Diskussion mehr Personen eingebunden werden sollten, wurden in die zugesagte Erarbeitung einer Leitlinie ausgelagert. Damit waren beide Seiten einverstanden.

5. Warum sind die Studierenden aus der zentralen QSM-Kommission zurückgetreten?

Die fünf studentischen Mitglieder der zentralen QSM-Kommission und die fünf Stellvertreter_innen sind im Januar 2014 geschlossen aus der QSM-Kommission zurückgetreten. Dieser Rücktritt wurde durch den Studierendenrat und die FachschaftenVollversammlung befürwortet und in einem offenen Brief begründet, der hier einzusehenist.

Anlass für den Rücktritt war, dass deutlich wurde: Eine der zentralen Schlichtungszusagen sollte schon in der nächsten Antragsrunde unterlaufen werden. In der Fakultät, derenPrüfungsamtsstelle zu 50% nicht mehr aus QSM finanziert werden sollte, wurde die Umsetzung dieser Zusage durch eine reine Kreisbuchung angestrebt: Die Stelle wird zur Hälfte nicht mehr aus Qualitätssicherungsmitteln finanziert, die dadurch freiwerdenden Mitteln werden den Instituten der Fakultät zugewiesen, zugleich wird den Instituten jedoch der Haushalt gekürzt und nahegelegt, die Kürzungen aus den nun zusätzlich verfügbaren QSM aufzufangen. Dieses Vorgehen widerspricht offenkundig dem Sinn der Schlichtungsvereinbarung und ist aus Sicht der Studierenden als gravierender Vertrauensbruch zu werten. Dabei sehen die Studierenden die Verantwortung dafür, dass Schlichtungszusagen eingehalten werden, nicht in erster Linie bei der Fakultät, sondern beim Rektorat, dessen Vertreter_innen den Kompromiss ausgehandelt haben. Im Nachhinein wurde den Studierenden aus der Fakultät Naivität vorgeworfen, weil sie sich auf die Zusage des Rektorats verlassen und erwartet hatten, die Zusage würde umgesetzt und das Rektorat würde dafür Sorge tragen. Das mag bei allem Zynismus, der in diesem Vorwurf liegt, sogar realistisch sein – die Frage ist jedoch, was die Alternative sein soll. Wenn die Studierenden davon ausgehen müssen, dass Zusagen ohnehin nicht eingehalten werden, ist jedes Gespräch und erst recht jede Schlichtung sinnlos.

Hinzu kam, dass wieder einmal deutlich wurde: In manchen Fachbereichen werden die Anträge nicht nur nicht priorisiert, sondern den zuständigen Lehrenden ist nicht einmal bekannt, dass Priorisierungen anzugeben sind. Die Studierenden stellen nicht in Frage, dass die ZentraleVerwaltung die Institute über die Notwendigkeit und den Sinn der Priorisierung informiert. Solange die Institute die Mittel dann aber beliebig ausgeben können, ohne die Priorisierungen zu beachten, und dies seitens der Zentralen Verwaltung nicht unterbunden wird, erfüllt das Verfahren seinen Sinn nicht. Die Beschwerde der Studierenden richtet sich dabei nicht nur an die dezentrale Ebene, sondern auch an das Rektorat und die Zentrale Verwaltung, die die Mittel in solchen Fällen gar nicht zuweisen dürfte.

Wenn dies die Art und Weise der Universitätsleitung ist, mit dem Einvernehmen der Studierenden und nun sogar mit einem von beiden Seiten unterzeichneten Schlichtungsergebnis umzugehen, sehen die Studierenden für eine weitere Zusammenarbeit in der QSM-Kommission keine Grundlage mehr. Sowohl die Erörterung der Mittelvergabe für 2014 als auch die Erarbeitung einer Leitlinie für die Zukunft sind nur dann sinnvoll, wenn getroffene Vereinbarungen auch umgesetzt werden. Ansonsten ist die Arbeit daran weder die Zeit der Studierenden noch die der Universitätsleitung wert.

Die Studierendenvertretung steht für das bisher praktizierte Vergabeverfahren, das eine Beteiligung der Studierenden nur scheinbar gewährleistet, nicht mehr zur Verfügung. Dies ist keine einsame Entscheidung einzelner Kommissionsmitglieder, sondern durch den Studierendenrat (im Sinne einer Empfehlung an die studentischen Kommissionsmitglieder) einstimmig beschlossen und mehrfach bestätigt worden. Auch die FachschaftenVollversammlunghat entsprechende Beschlüsse gefasst.

Zeitgleich mit dem Rücktritt der studentischen Kommissionsmitglieder hat der Studierendenrat dieselben Studierenden als Ansprechpartner_innen der Studierendenvertretung für das Thema QSM benannt. Die Benennung erfolgte deshalb, weil der Studierendenvertretung daran gelegen istund sein muss, die Gespräche über die Vergabe der QSM nicht völlig abreißen zu lassen. Sowohl für Gespräche innerhalb der Universität Tübingen als auch beispielsweise mit dem MWK stehen die Ansprechpartner_innen zur Verfügung – nicht aber für eine Diskussion der Anträge für 2014 oder gar für ein Einvernehmen darüber.

Für 2014 haben die studentischen Kommissionsmitglieder in ihrem offenen Rücktrittsbrief das MWK aufgefordert, die Anträge zu prüfen und für die aus Sicht des Ministeriums zustimmungsfähigenAnträge das Einvernehmen der Studierenden zu ersetzen.

6. Welche Auswirkungen hat der Rücktritt der Studierenden auf die Mittelvergabe 2014 und was wird nun aus den Anträgen?

Der Rücktritt erfolgte Ende Januar 2014. Aus Sicht der Studierenden lag die Zuständigkeit für die Anträge damit beim MWK, weil in Tübingen keine Studierenden für ein Einvernehmen zur Verfügung stehen. Das Ministerium nahm wochenlang keinen Kontakt zu den Studierenden auf.

Da das Einvernehmen bisher weder mit Studierenden hergestellt noch ersetzt worden ist, liegen die Mittel derzeit auf Eis. Davon ist die Gesamtsumme der QSM an der Universität Tübingenbetroffen – interessant, denn wenn die Aussage des Rektorats aus der Vergangenheit zuträfe, dass mit den Studierenden in der zentralen Kommission weder ein Einvernehmen über die Einteilung der Gesamtsumme in drei Blöcke noch über die Mittelvergabe in Block I (LOM Lehre etc.), in Block III (Fakultäten) oder in der medizinischen Fakultät erforderlich sei, hätten diese Mittel doch freigegeben werden müssen. Dass dem nicht so ist, zeigt, dass zumindest keine Rechtssicherheit besteht, auf deren Grundlage die Mittel einfach verausgabt werden können.

Im April wandte sich das MWK mit einem Schreiben an die Studierenden. Darin wird argumentiert, dass Gremienmitglieder zwar zurücktreten können, jedoch gemäß Landeshochschulgesetz trotzdem noch so lange kommissarisch im Amt sind, bis Nachfolger_innen gewählt sind. Daher sieht das Ministerium die rechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, unter denen es das Einvernehmen ersetzen könnte. Der Studierendenrat hat daraufhin noch einmal einstimmig beschlossen, dass die Studierenden wollen, dass das Ministerium das Einvernehmen – soweit aus dessen Sicht möglich – ersetzt. Dies hat zwei Gründe: Zum einen stehen die Studierenden grundsätzlich für dasbisherige Vergabeverfahren in Tübingen nicht mehr zu Verfügung; zum anderen besteht auch der Wille, das Ministerium zu nötigen, sich dazu zu äußern, welche Posten aus seiner Sicht rechtlich zustimmungsfähig sind und welche nicht. Die Studierenden waren im vorigen Jahr sehr verärgert und enttäuscht, dass darüber aus dem Ministerium keine klaren Aussagen kamen, obwohl die Studierenden sich mehrfach nach der rechtlichen Lage erkundigt haben und das Ministerium, in dem das Qualitätssicherungsgesetz und auch die Einvernehmensersetzungsverordnung (EEVO) erarbeitet wurden, in der Lage sein müsste, darauf eine Antwort zu geben. Wenn das Ministerium das Einvernehmen ersetzt, muss es zugleich Stellung dazu nehmen, welche Anträge rechtlich überhaupt zulässig sind und welche nicht. Dies wäre auch für künftige Diskussionen in Tübingen eine hilfreiche Hintergrundinformation.

Um den Ball zurück an das Ministerium zu spielen, hat der Studierendenrat beschlossen, dass die studentischen Ansprechpartner_innen in Tübingen an einer erneut einzuberufenden Vergabesitzung der zentralen Kommission teilnehmen, der Vergabe pauschal widersprechen, in die durch den Widerspruch notwendige Schlichtungssitzung gehen und diese scheitern lassen sollen. Damit wäre für das Ministerium die Grundlage für eine Einvernehmensersetzung gemäß EEVO gegeben. Die Studierenden haben dem Rektorat diesen Beschluss mitgeteilt undvorgeschlagen, im Sinne einer Beschleunigung der weiteren Abläufe und um keine langen Show-Sitzungen abzuhalten, beide Sitzungen nur pro forma abzuhalten (also gerne in jeweils nur fünf Minuten, weil ohnehin klar ist, wie die Studierenden sich in der Sitzung verhalten werden). Die erforderliche neuerliche Vergabesitzung fand am 5. Mai statt; die Studierenden haben der Vergabe wie angekündigt widersprochen. Da am 6. Mai der Hochschulrat tagt, wären genug Personen in Tübingen anwesend, die vor der Hochschulratssitzung kurz für fünf Minuten eine „Schlichtungssitzung“ abhalten könnten. Ein_e Schlichter_in wird nun gesucht.

Selbstverständlich kann niemand eine_n potentielle_n Schlichter_in dazu nötigen, sich in der Schlichtung zu enthalten. Er_sie hätte auch die Möglichkeit, in seiner_ihrer Rolle als Schlichter_in über die Vergabe zu entscheiden. Die Studierenden hoffen, dass ein_e Schlichter_in gefunden werden kann, der_die bereit wäre sich zu enthalten. Wenn dies nicht möglich sein sollte, würde im „schlimmsten“ Fall der_die Schlichter_in der Vergabe zustimmen. Die Studierenden würdendas bedauern, einen solchen Schiedsspruch jedoch akzeptieren (müssen). In dem Fall hätte eben der_die Schlichter_in die Verantwortung für die Mittelvergabe übernommen. Wir können andere Bitten äußern und diese begründen, mehr Einfluss haben wir nicht.

7. Wie soll es künftig weitergehen?

Wichtig ist nicht nur, was mit den Mitteln für 2014 passiert, sondern auch, wie es künftig weitergeht. Die Studierendenvertretung sieht keinen Sinn mehr darin, das bisher praktizierte Vergabeverfahren beizubehalten.

Das bisherige Verfahren ist für alle Beteiligten–von den Lehrenden und Studierenden aller Instituteüber zahlreiche Mitarbeiter_innen in der Verwaltung bis hin zum Rektorat – extrem zeitaufwändig. Ein solcher Aufwand ist nur dann berechtigt, wenn es sich dabei um ein echtes Beteiligungsverfahren handelt. Das schließt ein, dass Vereinbarungen eingehalten werden, aber auch, dass überhaupt Entscheidungsspielräume bestehen und die Vergabe der QSM nicht nur Sachzwängen folgt.

Die Hochschulen in Baden-Württemberg sind strukturell unterfinanziert. Die Grundausstattungreicht nicht aus, um grundlegende Aufgaben in der Lehre (und auch in der Forschung) zu finanzieren. Damit argumentiert auch die Universitätsleitung: Eine andere Verwendung der QSM sei angesichts der extrem knappen Haushaltslage der Universität nicht möglich; man reagiere also nur auf Sachzwänge und sei dazu gezwungen, einen großen Teil der QSM dafür zu verwenden, um sicherzustellen, dass die Lehre und Verwaltung nicht vollkommen zusammenbrechen. Den Studierenden fehlt der detaillierte Einblick in den gesamten Universitätshaushalt, der erforderlich wäre, um für jeden einzelnen Posten zu überprüfen, ob eine Finanzierung aus dem Haushalt vielleicht doch möglich wäre. Grundsätzlich ist uns jedoch klar, dass die Finanzlage der Hochschulen alles andere als zufriedenstellend ist.

Wenn aber die Verwendung der QSM zu einem großen Teil Sachzwängen folgt, kann und sollte innerhalb der Universität auf das bisher praktizierte Antrags- und „Beteiligungs“-Verfahren bei der Vergabe der QSM verzichtet werden. Wo es nichts zu entscheiden gibt, ist auch einstudentisches Einvernehmen überflüssig und Augenwischerei. Das Antragsverfahren gaukelt Studierenden vor, mehr Mitsprachemöglichkeiten zu haben, als tatsächlich möglich sind. In den Fächern, in denen finanzielle Spielräume bestehen und ein guter Kontakt zwischen Studierenden und Lehrenden etabliert ist, kann auch ohne formales Einvernehmen bei der Verwendung der Mittel auf Wünsche der Studierenden eingegangen werden. Es gibt Fächer, die hierfür ein gutes Beispiel sind. In Fächern, in denen das Einvernehmen der Studierenden schon jetzt mehr oder weniger erzwungen wird, haben die Studierenden auch nichts zu verlieren, wenn sie nicht mehr ihre Unterschrift unter einen Antrag setzen müssen, an dessen Zustandekommen sie nicht mitwirken.

In Gesprächen mit Rektoratsmitgliedern haben die Studierenden daher seit März dieses Jahres folgenden Vorschlag für die Zukunft gemacht, dem sich auch die beteiligten Rektoratsmitglieder(die Prorektorin für Studierende, Studium und Lehre und der Kanzler) grundsätzlich anschließen konnten:

  • Der größte Teil der QSM wird zweckgebunden für Studium und Lehre, aber ohne Antragsverfahren in die Haushalte der Institute und an die zentralen Einrichtungen, die QSMerhalten (z.B. UB, ZDV), gegeben.
  • Nur ein kleiner Anteil (Vorschlag: ca. 1 Million von den insgesamt ca. 14 Millionen) wird per Antragsverfahren vergeben, wobei den Studierenden tatsächliche Mitsprache eingeräumt wird.

Die Vorteile wären:

  • Ehrlichkeit: Ein großer Teil der QSM wird für die Grundsicherung der Lehre, teils auch fürnotwendige Verwaltungsinfrastruktur benötigt. Man kann die Mittel aus Sicht der Studierenden für das Notwendige verwenden, wenn man keine andere Wahl hat. Dann soll allerdings auch ehrlich gesagt werden, dass es so ist – und zwar nicht nur im Gespräch unter vier oder acht Augen, sondern öffentlich. Ein Antragsverfahren füralternativlose Ausgaben wirkt hingegen eher verschleiernd und deckt die Behauptung der Landesregierung, die QSM wären nicht Teil der Grundausstattung, sondern zur Sicherung zusätzlicher Qualitätsmaßnahmen da und würden mit großer Beteiligung der Studierenden vergeben.
  • weniger Arbeitsaufwand: Das derzeitige Antragsverfahren bedeutet einen immensenArbeitsaufwand für alle Beteiligten. Da es ohnehin wenig Entscheidungsspielraum und viele Sachzwänge gibt, kann man auf dieses umständliche Verfahren verzichten.
  • echte Mitsprache der Studierenden und Entscheidungsspielräume für einen kleineren Betrag, der antragsbezogen vergeben wird: Lieber geben wir formale Rechte auf, wenn imGegenzug transparent und konstruktiv zusammengearbeitet wird und dann über einen deutlich kleineren Teil der Mittel den Studierenden tatsächliche Entscheidungskompetenzen eingeräumt werden. Wenn nur eine vergleichsweise kleine Summe antragsbezogen vergeben wird, ist für die Studierenden klar, wo sie tatsächlich mitentscheiden können und wo ihre Möglichkeiten enden. Die Studierendenvertretung hätte mehr Zeit, sich sinnvoll mit diesen Anträgen zu befassen. Sachzwänge dürften für die Mittelvergabe aus diesem Topf kein Argument sein, sondern aus den auf Antrag zu vergebenden Mitteln dürfte nur finanziertwerden, was nicht unbedingt dringend erforderlich, aber wünschenswert ist und die Studiensituation verbessert – also genau das, wofür die QSM (bzw. früher Studiengebühren) nach den Behauptungen der Landesregierung gedacht sein sollten.

Um die verbleibende Summe zu sichern, müssten die Studierenden im Gegenzug mehr Einblick in den Gesamthaushalt der Universität erhalten. Die Berechtigung der Einsichtnahme könnte aufdie Studierenden in der zentralen Vergabekommission beschränkt werden, denn natürlich kann der Haushalt nicht im Einzelnen veröffentlicht werden. Die Studierenden, die über Anträge mitentscheiden, müssten jedoch die Möglichkeit haben zu überprüfen, dass Maßnahmen, die aus dem verbleibenden Antrags-Topf beantragt werden, nicht zuvor anders finanziert wurden.

Um auch für die Studierenden, die nicht in der Vergabekommission sitzen, nachvollziehbar zu machen, wie die QSM verwendet werden, sollen entsprechende Angaben veröffentlicht werden,

beispielsweise auf den Homepages der Institute und zentralen Einrichtungen und über eine zentrale Homepage, auf der die Aufteilung der Gesamtsumme dargestellt ist. Dies entspräche dem Vorgehen zur Zeit der Studiengebühren, als die Studierenden kein Mitspracherecht hatten, aber informiertwerden mussten.

Da in diesem Jahr in mehreren Gremiensitzungen auf der zentralen Ebene die studentischen Vertreter_innen mit dem Vorwurf konfrontiert wurden, sie spielten sich als Oligarch_innen auf und handelten gegen den Willen der Studierenden, insbesondere gegen den Willen der Studierendenvertreter_innen auf der dezentralen Ebene, wurden für den hier dargestellten

Vorschlag Unterschriften von Studierenden, insbesondere von studentischen Gremienmitgliedern, Fachschafts-Aktiven und Mitgliedern der politischen Hochschulgruppen (GHG, RCDS, LHG, Jusos, [’solid].SDS) gesammelt. Die Sammlung ist noch nicht abgeschlossen,bei Interesse kann die bisherige Liste gerne vorgelegt werden. Der zugehörige offene Brief kann hier eingesehen werden.

Der Brief nimmt auch auf verschiedene Grundordnungsentwürfe Bezug, die dem Senat in seiner Sitzung im April vorlagen. Dabei ging es–falls doch weiter ein Antragsverfahren praktiziertwird – um die Frage, ob das Einvernehmen zentral oder dezentral herzustellen sein soll (vgl. oben Kap. 1, letzter Absatz). Zu dieser Frage heißt es in dem Brief: „Um Druck auf Studierende zu vermeiden, der – in einigen Fällen – auf Studierende ausgeübt wurde und unter dem sich studentische Mitglieder von Studienkommissionen auch sehen, ist es nicht sinnvoll, die Einvernehmensherstellung auf dezentraler Ebene vorzunehmen. Die Herstellung desEinvernehmens auf zentraler Ebene schützt diejenigen Studierenden, die sich diesem Druck ausgesetzt sehen und in Abhängigkeitsverhältnissen stehen. Für Fächer, in denen die Vergabe im Konsens mit Studierenden erfolgt, ist eine Herstellung des Einvernehmens auf zentraler Ebene nicht von Nachteil, da zwischen den Studierendenvertretern die vom Rektorat konstruierten Interessenskonflikte nicht bestehen.“

Erfreulicherweise wurde die Grundordnungsänderung im Senat mit großer Unterstützung der Mehrheit der Senatsmitglieder vertagt, um zunächst weitere Diskussionen über den oben dargestellten studentischen Vorschlag für ein vereinfachtes Vergabeverfahren zu ermöglichen. Diese müssen nun stattfinden, um die Details zu klären und einen entsprechenden Antrag in den Gremienweg geben zu können. Der Antrag könnte idealerweise von Studierenden und Rektorat gemeinsam eingebracht werden: als Zeichen, dass man in Tübingen künftig wieder besser miteinander arbeiten und aufeinander zugehen möchte.

die studentischen Ansprechpartner_innen zum Thema QSM:

Caroline Arnold, Martin Brüssow, Kim Dienelt, Christin Gumbinger, Pia Kramer, Martin Kroczek, Jonas Möschel, Agathe Mulot, Sonja Völker, Inka Wolf

Die Informationen als PDF gibt es hier.
Für Rückfragen: ga@fsrvv.de