Kritik unerwünscht?

Logo des Studentenwerkes ab 2008Es ist schon ein merkwürdiges Bild. Am vergangenen Montag traf sich die Vertreterversammlung des Studentenwerkes Tübingen-Hohenheim. In dieser Runde sind Vertreter der Hochschulleitungen, der Professorenschaft und der Studierenden aller acht Hochschule, die das Studentenwerk betreut. Ihre Aufgabe ist es den Verwaltungsrat (Aufsichtsrat) des Studentenwerks zu wählen. Dabei ist es üblich, dass die jeweiligen Vertreter der Standorte auch ihre Vertreter im Verwaltungsrat autonom bestimmen. Auch am vergangen Montag sah es anfangs wieder danach aus. Nachdem bereits bei den externen Vertretern die Studierenden der Universität Hohenheim den Landtagsabgeordneten Dieter Kleinmann, der gleichzeitig Ausschussvorsitzender im Wissenschaftsausschuss des Landtags ist, vorgeschlagen hatten und die Vertreterversammlung diesem Vorschlag der Uni Hohenheim folgte, stand die Besetzung der 3 studentischen Verwaltungsratsmitglieder auf der Tagesordnung. Im Vorfeld hatte man sich unter den studentischen Vertretern abgestimmt, dass es jeweils einen Vertreter aus Hohenheim, Tübingen und der kleineren Fachhochschulen geben solle und es gab auch eine Abstimmung, dass der bisherige Tübinger Vertreter noch einmal eine Amtszeit Mitglied des Verwaltungsrates sein solle.

Doch diese Rechnung wurde wohl ohne den Wirt (oder in unserem Fall, den Geschäftsführer) gemacht .  Dass man es ihm in den letzten Monaten, berechtigter Weise, nicht leicht gemacht hat, dürfte aus der Berichterstattung bekannt sein. Dass er jede Kritik auch als persönliche Anfeindung betrachtet und Kritiker im Allgemeinen nicht schätzt, hat er mehrfach deutlich gemacht. Und so wurde plötzlich eine studentische Kandidatin (gleichzeitig Angehörige des RCDS) aus dem Hut gezaubert, um den bisherigen Tübinger Vertreter, Daniel Keip, zu ersetzen.  Auch wenn bislang Parteizugehörigkeiten (zumindest offiziell) mit dem Geschehen um das  Studentenwerk wenig zu tun hatten, so zeigte sich in der folgenden Wahl eine überraschende Wende in dieser Tradition.

Entgegen dem bisher gängigen und gebilligten Vorgehen, die von den Studierenden vorgeschlagenen Kandidaten der Hochschulen zu wählen, wurde am vergangenen Montag nicht Daniel Keip für die Universität Tübingen in den Verwaltungsrat gewählt, sondern die vorher genannte Überaschungskandidatin des RCDS. Dass diese Wahl abweicht von dem Vorschlag der studentischen Vertreter in der Versammlung, schafft nicht nur einen Präzendenzfall. Der Wahlverlauf zeigt vielmehr, dass dies vielleicht ein Zeichen für den Anbruch einer neuen Zeit im Studentenwerk Tübingen- Hohenheim ist. Denn während man sich früher offen austauschte und gemeinsam für das Studentenwerk eintrat und auch kontrovers diskutieren konnte, scheint Kritik unter dem Geschäftsführer Schill nicht länger erwünscht zu sein. Hier wurde weder der Diskurs gesucht, noch auf die unterschiedlichen Meinungen eingegangen, hier sollten Kritiker schlicht und ergreifend mundtot gemacht werden. Obgleich die bisher vorgebrachte Kritik, so räumt es auch der Verwaltungsratsvorsitzende und Rektor Professor Dr. Bernd Engler ein, berechtigt ist und der Geschäftsführer, Englers Meinung zu Folge, noch einiges über den Umgang im universitären Umfeld zu lernen habe, sind kritische Stimmen auch bei den Vertretern der Hochschulleitungen scheinbar nicht sonderlich gelitten. Und so fiel das Ergebnis, wenn auch denkbar knapp, so doch für die anwesenden Studenten überraschend mit 22 zu 21 Stimmen für die Kandidatin des RCDS und gegen den Kandidaten der Universität Tübingen aus.

Obwohl sich auch die Studierenden aus Hohenheim und aus Rottenburg für den einstimmigen Vorschlag der Tübinger studentischen Mitglieder aussprachen, fand er keine Mehrheit. Nun wollen wir nicht den Anschein erwecken schlechte Verlierer zu sein, mutmaßen wer alles wie abgestimmt hat oder Verbindungen über Parteizugehörigkeiten herstellen. Uns geht es darum,  dass die Arbeit des Studentenwerks auch zukünftig von studentischer Seite ein Korrektiv erhält und die studentischen Belange ernst- und wahrgenommen werden.

Daher werden wir auch weiterhin die Arbeit des Studentenwerks und die Arbeit des Geschäftsführers sehr kritisch begleiten und versuchen, das Bestmögliche für die Studierenden, das Studentenwerk und die Hochschulregion zu bewegen. Auch wenn uns das nun zugegebenermaßen schwerer fallen wird.

Goebbels-Vergleich nicht hinnehmbar!

Walter ErbeMit großer Besorgnis und Unverständnis wenden wir uns gegen die aktuellen Äußerungen von Wilhelm Neusel. Dieser hat als Vertreter des Arbeitskreises Tübinger Verbindungen (AKTV), dem Dachverband der Tübinger Korporierten, im Rahmen einer Pressekonferenz geäußert, dass der Beschluss der Rektorenkonferenz aus dem Jahr 1949 (auf einer Sitzung der Westdeutschen Rektorenkonferenz in Tübingen) gegen das Farbentragen „im Duktus von Joseph Goebbels“ vorgetragen worden sei.

Im Rahmen dieser Pressekonferenz wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass die Universität Tübingen beim „Bürgerfrühschoppen der Tübinger Verbindungen“ am 17.5. durch ein Grußwort der Prorektorin für Studium und Lehre vertreten sein wird. Bereits am vergangen Samstag fand im Festsaal der Universität eine Veranstaltung des AKTV statt, auf der Frau Professor Dr. Gropper ebenfalls die Universität vertreten musste, es in ihrem Grußwort jedoch unterließ Stellung zu diesen diffamierenden Äußerungen zu nehmen.

Bis zum vergangenen Dienstag gab es keine öffentliche Stellungnahme des Rektors zu den absolut unangebrachten Äußerungen von Herrn Neusel. Dies hielten wir für mehr als bedauerlich. Deshalb haben wir uns an das Rektorat gewandt, mit der sehr eindringlich vorgetragenen Bitte, darauf hinzuwirken, diese Vorfälle zu thematisieren. Für uns steht fest, dass sich der Rektor von den Äußerungen des Herrn Neusel distanzieren muss, sich schützend vor seinen Vorgänger sowie die versammelten Hochschulrektoren zu stellen hat und dem AKTV zukünftig keine Veranstaltungen in Räumen der Universität mehr zugebilligt werden sowie das Rektorat nicht mehr bei dessen Veranstaltungen auftreten sollte.

Es ist der Universität Tübingen absolut unwürdig, wenn Äußerungen wie die von Herrn Neusel geduldet werden und nicht zeitnah und sehr konsequent reagiert wird. Denn hier wird nicht nur unsere Universität angegriffen, hier werden auch die ehemaligen Rektoren wie den versammelten Hochschulrektoren und die Hochschulrektorenkonferenz insgesamt herabgewürdigt und die Aufbauleistung wie die historischen Wahrheiten herabgewürdigt und verfälschend dargestellt.

Der damalige Tübinger Rektor und Professor der Rechtswissenschaften Walter Erbe (übrigens Mitglied der Turnerschaft Hohenstaufia, also ein Verbindungsmitglied) war selbst Opfer des nationalsozialistischen Unrechtsregimes. Es ist eine Beleidigung, diesen Mann, der sich um den Aufbau der deutschen Universitäten und insbesondere die schwierigen Jahre des Wiederaufbaus einer demokratischen Universitätsstruktur nach dem 2.WK sehr verdient gemacht hat, in die Nähe von Goebbels zu rücken. Ihm und seiner Familie hätte der Rektor umgehend beistehen und sich auch vor die Institution der Universität Tübingen schützend stellen müssen. Denn hier werden nicht nur Rektoren, die teilweise selbst die Gräueltaten des Nationalsozialismus überlebten diskreditiert, nein hier wird auch eine Institution als solche diffamiert. Diesen Angriff auf die Universität und ihre ehemaligen Würdenträger, hätte der Rektor umgehend in aller gebotenen Form und Schärfe begegnen müssen, doch bisher wurde seitens des Rektorats noch nicht einmal die Problematik, geschweige denn das Bild, das diese Äußerung auf das Selbstverständnis des derzeitigen Rektorats und die Geschichte unserer Universität wirft, thematisiert. Im Gegenteil gleichzeitig wird dem AKTV mit dem Festsaal am vergangen Wochenende noch eine Plattform für eigene Veranstaltungen geboten und das Rektorat erklärt sich an verschiedenen Stellen bereit, für diesen Arbeitskreis Grußworte und Ähnliches zu halten.

Dass es hier offensichtlich an einem sensiblen Umgang und einer kritischen Bewertung der Äußerungen fehlt, zwingt uns als Studierende einzuschreiten, denn für uns können und dürfen diese Äußerungen nicht unkommentiert im Raum stehen bleiben.

Dass das Rektorat am Mittwoch nun endlich reagierte, freut uns und dass sich auch die Landesrektorenkonferenz dieser Aufforderung anschloss, zeigt für uns, hier musste gehandelt werden und hier bedurfte es einmal mehr dem Hinweis der Anständigen, damit auch die Universität keinen Schaden nimmt.

Die Reaktion des Rektoratsbernd-engler

Das Rektorat der Universität Tübingen hat sich in seiner heutigen wöchentlichen Dienstbesprechung mit den Äußerungen von Herrn Wilhelm G. Neusel, dem Vorsitzenden des Arbeitskreises Tübinger Verbindungen, beschäftigt, mit denen er im Schwäbischen Tagblatt vom 22. April 2009 zitiert wird. Den Vergleich der Äußerungen dreier deutscher Rektoren aus dem Jahre 1949 mit dem Sprachduktus von Joseph Goebbels hält das Rektorat für völlig unangemessen und ehrverletzend. Der Vergleich beleidigt und diffamiert mit seinen Implikationen die Personen und die durch sie vertretenen Institutionen, d.h. die Westdeutsche Rektorenkonferenz sowie die Universität Tübingen. Jeglicher Vergleich von Persönlichkeiten wie Ludwig Raiser, Gerd Tellenbach oder Walter Erbe, dem damaligen Tübinger Rektor, der selbst unter dem Terror des Nationalsozialismus gelitten hat, mit Joseph Goebels ist untragbar und zeugt von einem nicht akzeptablen Geschichtsverständnis. Wie absurd der Vergleich ist, wird auch durch die Dokumentation der Originalzitate von 1949 im Schwäbischen Tagblatt deutlich.

Das Rektorat erwartet eine öffentliche Klarstellung und Entschuldigung von Herrn Neusel. Es betrachtet die in Gang gebrachte Normalisierung des Verhältnisses von Universität und Verbindungen als gefährdet.

Die Reaktion der LandesrektorenkonferenzLogo der Landesrektorenkonferenz

Die Landesrektorenkonferenz Baden-Württemberg nimmt mit Befremden eine Pressemeldung zur Kenntnis, nach der ein Mitglied einer Tübinger Studentenverbindung einen Beschluss der Westdeutschen Rektorenkonferenz aus dem Jahr 1949 mit Joseph Goebbels in Verbindung gebracht hat. Die Anstrengungen der Nachkriegszeit zum Neuaufbau eines Hochschulsystems im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik können und dürfen nicht mit dem nationalsozialistischen Unrechtssystem gleichgesetzt werden. Die baden-württembergischen Universitäten als Mitglieder der Hochschulrektorenkonferenz – der Nachfolgeorganisation der früheren Westdeutschen Rektorenkonferenz – sprechen sich mit allem Nachdruck gegen diesen Vergleich aus. Wir verweisen hier auch auf die ausführliche Stellungnahme des Rektorats der Universität Tübingen vom 29.04.2009.

Damit verbinden die baden-württembergischen Universitäten keine Stellungnahme bezüglich Studentenverbindungen im allgemeinen, die sie wie andere Gruppierungen von Studierenden als Bestandteil des universitären Lebens respektieren, soweit sie sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen.

Studiengebühren verstoßen gegen UN-Sozialpakt

bverwg1Am 29. April wird vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine Klage Paderborner Studierender zum UN-Sozialpakt verhandelt, die durch das Landesastentreffen NRW eingereicht wurde. Die Fachschaftenvollversammlung Tübingen unterstützt die Klage und ruft dazu auf, den Protest gegen Studiengebühren auch am 29. April in Leipzig laut und deutlich zu
artikulieren.

Die Einführung von Studiengebühren ist in unseren Augen nicht nur unsozial, sondern ein Bruch gegenüber dem 1973 von der Bundesrepublik ratifizierten und 1976 in der BRD in Kraft getretenen internationalen Pakt der Vereinten Nationen über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (kurz: UN-Sozialpakt).  Im UN-Sozialpakt heißt es wörtlich:

„Der Hochschulunterricht [muss] auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht werden.“

„Sollte die Klage abgelehnt werden, wäre dies ein schwerer Schlag für die Verbindlichkeit von internationalem Recht. Es geht beim UN-Sozialpakt nicht nur um Bildungsgebühren, sondern um ein allgemeines Diskriminierungsverbot und die Absicherung sozialer Mindeststandards für alle Menschen“, erklärt David Lähnemann von der Fachschaft Biologie.

„Zu diesen sozialen Mindeststandards  gehört aber auch und gerade der kostenfreie Zugang zur Bildung. Die Unentgeltlichkeit des Hochschulstudium ist eine wichtige Voraussetzung für  gesellschaftliche Chancengerechtigkeit“, ergänzt Fabian Everding von der Fachschaft EKW.

„Unabhängig vom Ausgang des Urteils am 29. April fordern wir die betroffenen Landesregierungen auf, Bildungsgebühren in jeder Form schnellstmöglich wieder abzuschaffen“, erklärt die Tübinger Fachschaftenvollversammlung abschließend.

Zur Verwendung der Studiengebühren

Wo verisckern die Studiengebühren?Die Vertreter der FSVV in den Studiengebührenkommissionen haben eine Stellungnahme zur Vergabe von Studiengebühren an der Uni Tübingen veröffentlicht. Sie beschreibt, wie die Gebühren entgegen den großspurigen Ankündigungen nicht für die Verbesserung einer sowieso schon sehr guten Lehre an einer intakten Universität verwendet, sondern zumeist für grundlegende Aufgaben und zur Refinanzierung weggekürzter und umgewidmeter Gelder eingesetzt werden.

An der Uni Hohenheim gibt es ähnliche Probleme, die dort zu einer offenen Auseinandersetzung des AStA mit dem Rektorat geführt haben, berichtete der Deutschlandfunk. In Freiburg wurden die Gebühren im Wintersemester 08/09 an verschiedenen Hochschulen boykottiert.

Mittlerweile gibt es erste Hochschulen, die auf Grund gestiegener Kosten mit Haushaltslöchern in Millionenhöhe umgehen müssen und versuchen die Studiengebühren zur Haushaltskonsolidierung zu missbrauchen. Wir weisen diese Art des Missbrauchs ebenso entschieden zurück wie die Praxis, die an einigen Stellen in der Universität Tübingen Einzug gehalten hat, wenn es um die Verwendung von Studiengebühren geht.

Hier der Text der Stellungnahme:

Die Tübinger Studierenden üben in der Stellungnahme der Fachschaftenvollversammlung Kritik an der Situation der Lehre an den Universitäten und stellen Forderungen für deren wirkliche Verbesserung auf. Anlass dafür sind einmal mehr die Studiengebühren. Die Auseinandersetzung um die Campusmaut ist längst nicht vorbei – bis heute erhitzen sich an Ihr die studentischen Gemüter. „Aber“, sagt David Lähnemann von der Fachschaftenvollversammlung, „es geht uns nicht nur um die Studiengebühren, die wirklichen Probleme liegen noch viel tiefer.“

Deshalb liefern die Studierenden eine umfassende Analyse: Klar und strukturiert wird zunächst die chronische Unterfinanzierung der Universitäten durch die immer wieder kehrenden Mittelkürzungen benannt. Dieser von der Landespolitik beschlossene Geldmangel und die zusätzliche Benachteiligung der Lehre bei der Mittelvergabe, so erläutern die Studierenden, sind Ursachen für die großen Löcher im Lehretat, die nun mit Studiengebühren gestopft werden – denn auch ein Erhalt der bisherigen Lehre ist ja eine Verbesserung gegenüber möglichen Streichungen. Dies jedenfalls, so die Stellungnahme weiter, ist genau die Argumentation, mit der Studierendenvertretern immer wieder konfrontiert werden und mit der sie zur Zustimmung zu problematischen Kostenpunkten genötigt werden. Ihre minimalen Mitbestimmungsrechte werden ihnen so letztendlich genommen. Aus dieser Analyse heraus stellt die Fachschaftenvollversammlung deshalb drei Forderungen: Neben ausreichend Geld für die Lehre – das nicht aus Studiengebühren kommen soll – müsse auch sichergestellt werden, dass diese Gelder nicht einfach in Forschungsmittel umgewandelt werden können.

Mehr Geld alleine mache jedoch noch keine bessere Lehre. „Es muss auch strukturelle

Verbesserungen geben“, erläutert Lähenmann weiter, „die dazu führen, dass Lehrende ein Interesse und Freude an guter Lehre haben. Neue Lehrkonzepte sollen nicht nur entwickelt und finanziell ermöglicht werden, die Lehrenden müssen sie auch kennen und einsetzen.“

Um das zu erreichen, braucht die Lehre jedoch zunächst eine gute Vertretung und eine vernehmbare Stimme. Dazu sollten die Studierenden wirkliche Mitbestimmungsrechte erhalten – eine Studierendenvertretung die ausreichend finanziert wird und sich auch politisch äußern darf. Denn, so erläutert Daniel Keip von der Fachschaftenvollversammlung: „Das Land hat die Entscheidungshoheit beim Thema Bildung und in Baden-Württemberg ist es den offiziellen Studierendenvertretern im AStA noch immer verboten, sich offiziell zu politischen Themen zu äußern – also auch zur Situation an den Unis dürfen sie nichts sagen, geschweige denn Kritik an der Bildungspolitik der Landesregierung üben.“

Deshalb richtet sich die Fachschaftenvollversammlung mit ihrer Erklärung auch an die Landesregierung, Landtagsabgeordnete und fordert den Senat zu einer eigenen Stellungnahme auf. Doch bei den Worten alleine soll es nicht bleiben. Denn eine ausreichende Finanzierung der Lehre an den Hochschulen fordert auch der bundesweite Bildungsstreik 2009 und so beteiligen sich auch Fachschafts-Aktive an den Vorbereitungen für eine Streikwoche in Tübingen. Für die Woche vom 15. bis 19. Juni organisieren sie in Tübingen gemeinsam mit Schülern verschiedene Aktionen, um auf die Probleme an den verschiedensten Stationen unseres Bildungssystems aufmerksam zu machen.

Neues von den Mieterhöhungen

Das Studentenwerk Tübingen-Hohenheim hatte zum Jahresbeginn die Mieten in einigen seiner Wohnheime erhöht, wogegen einige Studierende Widerspruch eingelegt hatten (ca. 200 in Tübingen und ca. 300 in Hohenheim). Eigentlich hätte nun das StuWe diesen Mietern die Erhöhungen detailliert begründen und erst mit ihrem Einverständnis (oder nach einer gewonnenen Klage vor dem Amtsgericht Tübingen) die höheren Mieten abbuchen dürfen. Stattdessen wurde Anfang Januar widerrechtlich mit verbotener Eigenmacht abgebucht, wogegen von unserer Seite aus Vorbereitungen für einen Musterprozess laufen, d.h. ein Student würde stellvertretend für die anderen kämpfen, ohne dass diese sich darum kümmern müssen. Aber wir hoffen, dass das StuWe vorher einlenkt.

Am Freitag, den 6. Februar wandten sich die Bewohner des Wohnheimes Neuhalde in Tübingen an den Verwaltungsrat des Studentenwerkes Tübingen-Hohenheim, mit der Bitte in Bezug auf die Mieterhöhung einzuschreiten und dem Geschäftsführer deutlich zu machen, dass es „so nicht geht“. Den offenen Brief kannst du hier downloaden.

Hintergründe der Mietpreiserhöhungen und des Protests

Im Verwaltungsrat des Studentenwerkes wurde am 18. Juli durch den Geschäftsführer des Studentenwerkes, Oliver Schill, ein Bericht zu anstehenden Preisanpassungen im Studentenwerk Tübingen-Hohenheim vorgelegt. Diesen nahmen die Mitglieder des Verwaltungsrates zur Kenntnis mit dem Hinweis, dass es Mieterhöhungen nur im Rahmen eines geänderten Wirtschaftsplanes geben könne. In der Verwaltungsratssitzung am 27. November wurde der Wirtschaftsplan für das Jahr 2009 beschlossen. In der Vergangenheit war Bestandteil des Wirtschaftsplans immer eine Erklärung der anstehenden Mieterhöhungen, auf der aufgeschlüsselt war, welches Wohnheim in welchem Maße durchschnittlich erhöht werden sollte. Dieser Teil fehlte nun im Wirtschaftsplan 2009.

Am 23.–24. November wurden die Mieterhöhungsbenachrichtigungen an die Mieter mit Verweis auf die Allgemeinen Mietbedingungen versandt. In diesen Mietbedingungen steht, dass Mieterhöhungen nur zulässig sind, wenn sie ihre Grundlage und Durchführung im ordentlich beschlossenen Wirtschaftsplan haben. Da die Mieterhöhungen aber im Wirtschaftsplan 2009 nicht enthalten sind, sind die allgemeinen Mietbedingungen nicht erfüllt.
Nachdem das Studentenwerk die Mieterhöhungsbenachrichtigungen versandt hat, hat sich die FSVV daran gemacht, Musterwidersprüche zu entwerfen. Gleichzeitig wussten wir um die formellen Fehler bei der Beschlussfassung der Mieterhöhung. Daher wurden zwei individuelle Widersprüche gestaltet und durch zwei Mieter an das Studentenwerk versandt. Auf die Standardwidersprüche (ca. 180 bei 3500 Mietern in Tübingen und 350 bei 2000 Mietern in Hohenheim) und auf die individualisierten Widersprüche gab es vom Studentenwerk nahezu gleichklingende Antworten, die weder an alle Widersprechenden versandt wurden noch auf die Bedenken eingingen.

Wir haben uns deswegen an den Verwaltungsratsvorsitzenden und Rektor der Uni Tübingen, Bernd Engler, gewandt und ihn darum gebeten, endlich einzuschreiten und auf den Geschäftsführer des StuWe einzuwirken, damit die Mieterhöhungen vorerst außer Kraft gesetzt werden und dann noch einmal im Verwaltungsrat diskutiert werden könnten. Engler hat Geschäftsführer Schill inzwischen auf die eventuelle Unverhältnismäßigkeit der Mahnungen hingewiesen und ihn expressis verbis gebeten, die Plausibilität der Erhöhungen zu begründen.

Weiterhin wurde auf Grund von anderen bekanntgewordenen Vorwürfen gegen den Geschäftsführer des Studentenwerkes, Oliver Schill, eine außerordentliche Verwaltungsratssitzung für den 4. März einberufen,  auf der dann die Probleme mit dem Geschäftsgebahren des Herrn Schill diskutiert werden sollen.

Siehe dazu auch:

Artikel im Tagblatt vom 6. Februar
Artikel im Tagblatt vom 4. Februar

Mensabeirat

mensabeirat_plakat
Das Studentenwerk hat sich entschlossen, einen Mensabeirat einzurichten. Er soll zu einer Hälfte aus Studierenden und zur anderen Hälfte aus Mitarbeitern des Studentenwerks bestehen. Unklar ist, ob es einen oder zwei Beiräte geben soll, ob der oder die sich auch um die Cafeterien kümmern können und was darin überhaupt besprochen werden soll, da (Vegetarier aufgehorcht!) „Diskussionen über Lebensphilosophien“ unerwünscht sind. Das allerdings wird sich sicher mit der Zeit ergeben.

Wir begrüßen jedenfalls die Einrichtung dieser Instanz, die erstmals einen offiziellen Ansprechpartner für Mensagänger darstellen wird. Wenn ihr Interesse habt, dem Gremium anzugehören, meldet euch beim AStA.

Neue 3-Kind-Studiengebührenbefreiung

Nach Auskunft der Servicestelle Studieninformation, -orientierung und -beratung (SIOB) beim Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK) haben sich die Vorschriften für die Befreiung wegen Geschwisterkindern erweitert. Dr. Gunter Schanz vom MWK erklärte auf Anfrage der Fachschaftenvollversammlung:

Das Landeshochschulgebührengesetz enthält hinsichtlich der „Geschwisterregelung“ mit Wirkung zum Sommersemester 2009 in § 6 Satz 1 folgende Regelung: „Von der Gebührenpflicht nach § 3 sollen Studierende befreit werden, … 2. die zwei oder mehr Geschwister haben, von denen zwei keine Befreiung nach dieser Vorschrift in Anspruch nehmen oder genommen haben; wurde ein Studierender für weniger als sechs Semester nach dieser Vorschrift befreit, kann die verbleibende Semesterzahl von einem anderen Geschwister in Anspruch genommen werden, …“

Diese Regelung ist so zu verstehen, dass ein Studierender, der die Befreiung in Anspruch nimmt, zwei Geschwister hat, die keine Befreiung nach der Geschwisterregelung in Anspruch nehmen oder genommen haben. Das Neue daran ist, dass die Befreiung auch dann gewährt wird, wenn die Geschwister nicht studieren (z. B. weil sie eine Ausbildung machen oder noch zur Schule gehen) oder außerhalb Baden-Württembergs gebührenfrei studieren oder aufgrund einer anderen Vorschrift von Studiengebühren befreit sind (z. B. wegen Hochbegabung oder Behinderung). Die Neuregelung gilt zum Sommersemester 2009.

Wie diese Regelung an der Universität Tübingen umgesetzt werden soll, ist nach Auskunft der Universitätsverwaltung noch unklar, da eine genau Anweisung zur Umsetzung seitens des Ministeriums noch aussteht. Sollte es dazu neuere Entwicklungen geben, so werden wir euch informieren.

Universitätsraison = 4 + 3

Die Uni Tübingen wird ihre Fakultäten nach einem 4+3-Modell neu ordnen, in dem neben vier „Großfakultäten“ die drei kleineren Fakultäten evangelische Theologie, katholische Theologie und Jura bestehen werden. Zuvor hatte es Presseberichte über eine Drohung der Juristen gegeben, sie würden gegen ihre Universität klagen, falls sie in eine andere Fakultät eingegliedert würden. Rektor Engler dementierte dies nicht.

Der studentische Entwurf einer Diskussionsgrundlage für eine Fakultätsneugleiderung stieß zwar im Senat auf Zustimmung, wurde allerdings vom Rektorat schlicht ignoriert.

Schweigen Sie!

Studentenwerksführer Oliver Schill

Das Prinzip der Öffentlichkeit und das Recht und die Pflicht der Presse, Öffentlichkeit auch über weitere Strecken herzustellen, ist ein wichtiger Bestandteil unserer Demokratie. Gestern in der öffentlichen Vertreterversammlung des Studentenwerks wurde als erstes die Abschaltung einer Kamera des Lokalfernsehsenders RTF1 erwirkt.

Es folgte der Bericht des Geschäftsführers, Oliver Schill. Fragen dazu wurden von Sitzungsleiter Rexer abgewiesen, sie seien allesamt Thema des Verwaltungsrates, der nächste Woche in nichtöffentlicher Sitzung tagt und Einsicht in die Akten des Studentenwerks teilweise nur per Einstweiliger Verfügung erhält. Vetternwirtschaft, Verletzung des Briefgeheimnisses, 75000 unnötig verschleuderte Euro – nichts davon wollte Rexer diskutiert wissen. Außer dem Geschäftsführer selbst und dem Rektor der Uni Tübingen, Bernd Engler, bekam niemand die Gelegenheit, eine Position zu erläutern.

Als ein Student ansetzte, die Vorstellung einer Unternehmensphilosophie für die fusionierten Studentenwerke einzufordern, zu deren Entwurf die Vertreterversammlung Schill in ihrer letzten Sitzung verpflichtete, erklärte Rexer nur: „Sie haben kein Rederecht. Schweigen Sie!“ und beschloss darauf das Ende der Sitzung. Der Widerspruch eines Mitgliedes der Versammlung wurde mit der Begründung beiseite gewischt, die anderen Mitglieder wünschten nicht, diesen Widerspruch zu hören.

Wir waren fassungslos.