Bereits seit dem 5. November ist auch der Hörsaal 25 im Kupferbau an der Uni Tübingen besetzt!
, lautet an einem Donnerstagabend vor sieben Monaten die erste Meldung, die der Welt und den Studierenden erstmals ein Zeichen vom tübinger Bildungsprotest gab. Heute versammelten sich ca. 300 StudentInnen um 16h im Kupferbau der Universität Tübingen um gegen die Misstände im Bildungssystem vorzugehen und sich mit den aktuellen internationalen Protesten gegen neoliberale Bildungspolitik zu solidarisieren. Dabei kam es zu einer spontanen Besetzung des Hörsaales, weitere Aktionen sind geplant.
So die kurze Tickermeldung, die nur die Overtüre sein sollte zu einer der größten kritischen Bildungsbewegungen, die Tübingen und Europa bis dahin erlebt hatten. Angefangen hatte alles in Wien; was in der österreichischen Hauptstadt unter dem Titel Uni brennt
begann, wurde zu einem europäischen Flächenbrand. Doch was ist daraus geworden? Die Wiener Aula ist aktuell noch besetzt – doch wo sind die tübinger BesetzerInnen geblieben und vor allem: Welche Forderungen wurden bislang umgesetzt?
Der AStA tagt jetzt öffentlich.
In seiner Sitzung am Mittwoch, den 9. Dezember 2009, hat der Allgemeine Studierendenausschuss der Uni Tübingen beschlossen, seine Geschäftsordnung zu ändern. Soweit unspektakulär – regelt eine Geschäftsordnung doch lediglich die Arbeitsweise innerhalb eines Gremiums. Doch diesmal ging es nicht um Einladungsfrist oder um die Frage, ob Protokolle auch ausschließlich digital versandt werden dürfen, diesmal ging es um die Öffentlichkeit der zukünftigen AStA-Sitzungen.
Der von der Fachschaftenvollversammlung initiierte Antrag sieht vor, fortan die Öffentlichkeit von AStA-Sitzungen zu ermöglichen. In der bisherigen Geschäftsordnung heißt es lapidar heißt: Die Sitzungen des AStA sind nichtöffentlich.
Die Besetzung zeigt erste Wirkung!
25 Forderungen haben die Besetzerinnen und Besetzer des Hörsaals 21 an das Rektorat gestellt und in der vergangenen Woche hat das Rektorat auf diesen Forderungskatalog geantwortet.
Von Drittmitteln über die berechtigten Forderungen der Hochschulsekretärinnen bis hin zur Veröffentlichung von Sitzungsprotokollen: Das Feld, das die Forderungen aufspannten, war weit, doch alle Forderungen lassen sich durch das Rektorat umsetzen. Damit war auch eine Ausweichmöglichkeit genommen, die im Rahmen der Bildungsproteste gerade in Deutschland immer wieder zu hören war: Wir sind nicht zuständig.
Angefangen bei der Bundesbildungsministerin, die auf die Länder verwies, über den Wissenschaftsminister, der die Autonomie der Unis hervorhob, bis zum Rektor, der seine Taschen nach Außen krempelte, um deutlich zu machen, dass er die Forderungen ohne zusätzliche Landesmittel nicht bezahlen könne: Niemand fühlte sich zuständig, aber den Protest unterstützen konnten sie alle.
Doch das Rektorat musste Farbe bekennen. Keine der Verbesserungen, die konkret die Uni Tübingen betreffen sind unrealisierbar, die meisten sogar ohne größeren finanziellen Aufwand.
78 Stunden, 75 Dozenten, schlaflose Nächte und ein neues Universitätsverständnis
„Bisher hab ich die Prorektorin immer nur in hochschulpolitischen Kontexten erlebt und am Montag steht sie dann im Hösaal 21 und liest aus einem isländischen Text im Original. Das Bild, dass ich nun von ihr hab, ist doch ein ganz anderes.“ so reagierte Jan-David, als heute morgen um 5 Minuten nach Mitternacht die längste Vorlesung, die Tübingen bisher erlebt hat, endete. Nach 78 Stunden und 75 ganz unterschiedlichen Vorlesungen endete die von den Kupferbaubesetzern veranstaltete Marathonsession.
Dauervorlesung im besetzten Kupferbau
Im Rahmen der Besetzung des Kupferbaus wird ab Mittwoch, den 25. November, im Hörsaal 21 eine Dauervorlesung stattfinden. In diesem Rahmen werden Dozentinnen und Dozenten der Universität Tübingen über ihren Forschungsbereich, ihre Interessen und aktuelle Diskussionen in ihrem Wissenschaftgebiet informieren. Eine schöne Gelegenheit, auch mal in ungewönliche Wissensgebiete vorzudringen und eine breite Bildung über die eigenen Fächer hinaus zu erhalten. Hier gehts zum Programm.
Tübingens längste Vorlesung!
Im Rahmen der Besetzung des Kupferbaus wird ab Mittwoch, den 25. November, im Hörsaal 21 eine Dauervorlesung stattfinden. In diesem Rahmen werden Dozentinnen und Dozenten der Universität Tübingen über ihren Forschungsbereich, ihre Interessen und aktuelle Diskussionen in ihrem Wissenschaftgebiet informieren.– Eine schöne Gelegenheit, auch mal in ungewönliche Wissensgebiete vorzudringen und eine breite Bildung über die eigenen Fächer hinaus zu erhalten.
Den Start wird Herr Professor Dr. Wertheimer am Mittwoch um 18:oo Uhr machen, der zum Thema: Schiller oder die (nicht nur ästhetische) Erziehung des Menschen“ referieren wird.
Hier gibt es das Programm als PDF.
Die Vorlesungen werden in Zusammenarbeit mit dem ZDV aufgezeichnet und live ins Internet übertragen. Vielen Dank hierfür an Prof. Walter und das ZDV.
Bildungsdemo in Tübingen
Das durch die Polizei herbeigeführte Ende der Besetzung des Kupferbaus hat Schlagzeilen gemacht. Die Tagesschau vom 12.11.09 zeigt Bilder von Tübinger Studierenden und grün Uniformierten im Kupferbau und berichtet über die seit mehreren Tagen anhaltenden Proteste und Besetzungen in Deutschland, Österreich und der ganzen Welt. Auch das Tagblatt berichtete über die Vorgänge in Tübingen.
Kupferbau bleibt besetzt – eigene Homepage
Die BesetzerInnen haben am Sonntag Besuch von ihren Heidelberger KommilitonInnen bekommen. Über das gesamte Wochenende und darüber hinaus war und ist der Kupferbau Anlaufstelle für Interessierte, die das vielfältige politische und kulturelle Programm erleben und mitgestalten wollen. Workshops zu hochschulpolitischen Themen haben dabei genauso ihren Platz wie bunte Abende. Auch für die kommenden Tage ist einiges geplant.
Weitere Infos gibt es ab sofort auf der folgende, extra für die Besetzung eingerichteten, Seite:
Kultur und Politik im Kupferbau
Den seit Donnerstag den Kupferbau besetzenden Studierenden wird es nicht langweilig.
Kupferbau ist besetzt – Besetzung erfährt Solidarität
Seit Donnerstag, dem 05. November um 18 Uhr ist der Kupferbau besetzt und offen für jedeN.
Schon jetzt gibt es zahlreiche Solidaritätsbekundungen:
- Der UStA (Unabhängiger Studierenden-Ausschuss) der Pädagogischen Hochschule Freiburg: Solidaritätserklärung UStA Freiburg
- Das ABS (bundesweites Aktionsbündnis gegen Studiengebühren): Solidaritätserklärung ABS
- Heike Hänsel (Tübinger Bundestagsabgeordnete der Linkspartei) hat sich bereits bei der Vollversammlung in einem kurzen Redebeitrag solidarisch mit der Aktion erklärt. Ebenso war Angela Heynen von der ver.di Betriebsgruppe der Uni-Tübingen vor Ort um den Studierenden Mut zu machen.
- Die Mitgliederversammlung des DGB Tübingen hat sich solidarisch mit der Besetzung und dem Bildungsstreik erklärt: Solidaritätserklärung der Mitgliederversammlung des DGB Tübingen
- Rita Haller-Haid (Tübinger Mitglied des Landtages für die SPD) äußert in einer Pressemitteilung zur Studiengebühren-„Umwidmung“ in der Medizin (siehe auch: Missbrauch von Studiengebühren) Verständnis für die Forderungen der Besetzung: PM Studiengebühren Rita Haller-Haid