Campus der Zukunft

Die Ergebnis des städtebaulichen Ideenwettbewerbs „Campus der Zukunft“ oder „Campus 2020“ liegen nun vor und der Sieger ist das kleine Tübinger Architekturbüro Hähnig und Gemmeke. Der Wettbewerb war im Mai 2008 international ausgeschrieben worden, es wurden 36 Vorschläge eingereicht.
Aus diesen Vorschlägen kürte eine Jury 5 Sieger und vergab Preisgelder in einer Gesamthöhe von fast 100.000€. Drei weitere Arbeiten wurden angekauft, um Ideen daraus später zu verwenden.

Bei dem Wettbewerb handelte es sich lediglich um ein „städtebaulichen Ideenwettbewerb“, d.h. es handelt sich dabei lediglich um „Grobplanungen“, wo Gebäude mit bestimmten Funktionen stehen sollen und wie sie ungefähr aussehen sollen. Die Ausführungsplanungen für die Gebäude müssen also erst noch gemacht werden. Begonnen werden soll dieses Großprojekt mit dem Neubau der Mensa, die wohl zwischen das heutige Geographische Institut und die Alte Physik gebaut werden soll. Der Beginn der Bauarbeiten ist zwischen 2009 und 2011 angedacht. In der Folge sollen sukzessive die übrigen Bausteine des Campus errichtet werden.

Weitere Infoveranstaltung zum „Campus der Zukunft“

Auf Einladung der Prorektorin für Studierende, Studium und Lehre Frau Professor Gropper findet an diesem Donnerstag (17. Juli) um 16 Uhr eine Informationsveranstaltung zum Campus der Zukunft statt. Herr Bauer aus dem Amt für Vermögen und Bauen des Landes Baden-Württemberg wird noch einmal versuchen, den stadtplanerischen Wettbewerb zu erklären. Er ist bereit, Fragen zum „Campus der Zukunft“ zu beantworten und Irritationen, die entstanden sind, auszuräumen.

Diese Veranstaltung dürfte vor allem für die Studierenden interessant sein, die durch eventuelle Umzüge, Zusammenlegungen oder Umstrukturierungen direkt betroffen sind. Aber auch Studierende der anderen Fakultäten sind herzlich eingeladen, sich über das Projekt „Campus der Zukunft“ zu informieren.

Am Donnerstag, den 17. Juli um 16 Uhr im Clubhaus erster Stock im mittleren Saal.

Visionen in Stein und Beton

Eine Vision jagte die andere bei der Vorstellung des „Campus der Zukunft“ am Dienstag, bis hin zu visionären Parkplatzkonzepten. Die Gebäude der Uni rund um Mensa und UB sollen nun endlich ein Campus werden. Alle stehen sie zur Disposition um visionäres „Erlebnispotential“ an der Ammer, visionäre neue Wohnheime und eine Vision vom Clubhausersatz zu ermöglichen.

Das funktioniert folgendermaßen: Ohne die Betroffenen davon zu unterrichten, schrieb das Rektorat nach Gesprächen mit dem Landesfinanzministerium einen Ideenwettbewerb aus. Bis zum 24.9. sollen Konzepte eingereicht werden, wie das Gelände zwischen Altem Botanischen Garten und Lothar-Meyer-Bau sowie zwischen Theologikum und Brunnenstraße neu gestaltet werden könnte. Ohne sich bei den aktuellen Nutzern der vorhandenen Gebäude über ihre Wünsche für ein solches Konzept zu erkundigen und auch ohne Anwohner oder andere interessierte Bürger einzubeziehen, hat das Rektorat ein Anforderungsprofil für eine solche Neukonzeption erstellt. Platz für Geschäfte soll es etwa geben, ein Kulturzentrum und ein studentisches Servicezentrum, in dem sämtliche Anlaufstellen für Studierende zusammengefasst werden sollen. Auf Nachfrage, was denn mit Clubhaus und Wilhelma passieren sollte, war die Antwort, es solle auch ein Gebäude „mit der Qualität Clubhaus“ und eines „mit der Qualität Wilhelma“ geben. Auch sollen Fakultäten umgeordnet werden: Wirtschafts- und Sozialwissenschaften etwa sollen in einem neuen Gebäude zu einer Fakultät verschmelzen, die Geowissenschaften zu einer Naturwissenschaft umgebaut und auf die Morgenstelle verlegt werden. Ob die jemand gefragt hat?

Die Ergebnisse des Wettbewerbs werden im Oktober bekanntgegeben, dann sollen auch alle Einsendungen in einer Ausstellung in der Shedhalle einsehbar sein. In den folgenden Jahren will man dann die Pläne Stück für Stück umsetzen, vermutlich zuerst einen Architektenwettbewerb für eine neue Mensa durchführen und diese bauen.

Uns als Fachschaftenvollversammlung wird mehr oder weniger unterschwellig vorgeworfen, wir seien immer nur dagegen und nicht gesprächsbereit. So auch wieder bei dieser Veranstaltung. Fakt ist: Es gab keinerlei Gesprächsangebote des Rektorats an AStA oder FSVV zu diesem Thema, nur ein zufälliges Gespräch zwischen Tür und Angel mit einem AStA-Mitglied. Die FSVV hat von dem Konzept aus der Zeitung erfahren. Auch die Infoveranstaltung wurde sehr kurzfristig angekündigt. Immerhin soll es jetzt noch ein „Informationsgespräch mit den Studierenden“ geben, um „die am Dienstag eventuell entstandenen Missverständnisse“ zu klären. Immerhin. Hoffen wir, dass das Rektorat seine Kommunikationspolitik ein wenig überdenkt und auch Betroffene in seine Planungen mit einbezieht. Wir sind gesprächsfähig, man muss nur überhaupt mit uns reden wollen. Prinzipiell ist die Idee einer umfassenden Neugestaltung des Areals ja nicht schlecht. Aber wenn ich mal eine Vision habe, gieße ich sie auch nicht einfach in Beton und bin dann sauer, wenn sie nicht alle toll finden.

CAMPUS-KONZEPT

„Campus der Zukunft“ steht für ein Vorhaben des Rektorats, die Uni in der Stadt baulich komplett umzugestalten.

Die Ausgangslage

Ein großes Problem der Uni Tübingen ist der Umstand, dass die Universität Tübingen keine „Campus-Universität“ im eigentlichen Sinne ist, sondern dass die Institute, Fakultäten, zentralen Einrichtungen und Verwaltungsgebäude über die ganze Stadt verteilt sind. Viele der von der Universität genutzten Gebäude sind alt und renovierungsbedürftig, der Sanierungsrückstau der Universität Tübingen ist mit etwa 485 Mio. Euro ein bedauernswerter landesweiter Rekord. Bedingt durch die große Zahl der Gebäude und deren schlechten – und wenig energieeffizienten – Zustand sind die Ausgaben für Gebäudebewirtschaftung im Vergleich mit anderen Universitäten unverhältnismäßig hoch. Diese Mehrkosten werden nicht durch das Land ausgeglichen. An der Lösung dieses Problems wird bereits seit Ende der Fünfziger Jahre gearbeitet, die Ansätze scheiterten jedoch meistens an der Finanzierung durch das Land.

In den vergangenen Jahren sind jedoch schon einige Schritte unternommen worden, so erfolgte der Umzug der Geographie in die alte Kinderklinik, die Bibliothek wurde erweitert (und Vorbereitungen für eine weitere Erweiterung wurden getroffen), der nächste Schritt ist die Konzentration der medizinischen Institute auf dem Schnarrenberg und die Nutzung der freiwerdenen Gebäude z.B durch die Psychologie und andere Institute.

Der Campus der Zukunft

Begleitend zu dieser Konzentration von Universitätsgebäuden im Bereich Wilhelmstr-Hölderlinstrasse soll der „Campus der Zukunft“ enstehen. Hinter diesem Namen verbirgt sich das Vorhaben des Rektorats, einen großen Teil des Gebäudebestands zwischen Lustnauer Tor und „Schiebeparkplatz“, von der Brunnenstraße bis zu den Innenstadtkliniken zur Disposition zu stellen – immerhin eine Fläche von ca. 30 Hektar. Die dort stehenden Gebäude sollen zum größten Teil abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden. Zu den Gebäuden, die wegfallen könnten, gehören neben der Mensa Wilhelmstraße mit den Verwaltungsgebäuden des Studentenwerks auch der Hegelbau und gegebenenfalls das Clubhaus. Andere denkmalgeschützte Gebäude wie die Neue Aula und die Bibliothek bleiben erhalten.

Um den Campus der Zukunft zu planen, hat das Rektorat einen städtebaulichen Ideenwettbewerb ausgeschrieben, seine Ergebnisse wurden im Oktober 2008 veröffentlicht. Baubeginn soll spätestens im Jahr 2010 sein, Rektor Engler hatte im Vorfeld geäußert, dass er eine Fertigstellung für spätestens 2014 wünscht, ist aber inzwischen zu realistischeren Einschätzungen bereit.

Prinzipiell steht die FSVV dem „Campus der Zukunft“ offen gegenüber. Allerdings fordern wir die verstärkte Einbindung aller Gruppen in den Planungs- und Entscheidungsprozess. Das bisherige Verfahren war äußerst intransparent und fand ohne jede Einbindung der Studierenden statt.

Drei Bereiche, die vom neuen Campuskonzept betroffen sind und für die gesamte Studierendenschaft von besonderer Bedeutung sind, sollen hier hervor gehoben werden:

Mensa Wilhelmstraße

Nach derzeitigem Entwurfsstand soll die Mensa Wilhelmstraße und die benachbarten Verwaltungsgebäude des Studentenwerks mit hoher Wahrscheinlichkeit abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden. Was sich zunächst sympathisch anhört, könnte sich bei näherer Betrachtung als ziemlich teuer erkauft herausstellen.

Für eine Sanierung der Mensa wird derzeit mit Kosten von ca. 15 Mio. € gerechnet. Hinzu kämen noch Kosten für eine provisorische Mensa, die auf ca. 2–3 Mio. € geschätzt werden. Die angenommenen Kosten für einen Neubau werden mit mindestens 20Mio. € beziffert. Das Land hat für die Sanierung der Mensa im Herbst 2007 11Mio. € zugesagt. Die Restkosten müsste das Studentenwerk, also letzten Endes die Studierenden mit ihren Beiträgen, tragen. Wir fordern, dass das Rektorat umsichtig mit unseren Studentenwerksbeiträgen umgeht und dafür Sorge trägt, dass wir eine Mensa erhalten, die auch noch für die weitere Zukunft den Ansprüchen der Studierenden entspricht und die auch im Hinblick auf Energieeffizienz auf dem neuesten Stand der Technik ist. Einen Neubau in „Sparversion“, damit die Mensa besser in das „Campuskonzept“ passt, lehnen wir ab. Wir fordern ebenso, dass die Mensa voll funktionsfähig bleibt, eine Mensa als Essensausgabestelle, die von einem externen Caterer beliefert wird, lehnen wir vehement ab.

Das Clubhaus

Auch über dem Clubhaus schwebt, wie die Studierenden aus der Zeitung erfahren durften, möglicherweise die Abrissbirne. Das Clubhaus, eine Schenkung des amerikanischen Kongresses an die Tübinger Studierenden, ist seit seiner Errichtung Zentrum studentischer Arbeit und Freizeitgestaltung. Ziel der Amerikaner war es, dass Studierende Mitbestimmung erlernen und demokratische Grundsätze verinnerlichen. Trotz der Enteignung, die in den siebziger Jahren im Rahmen der Abschaffung der verfassten Studierendenschaft geschah, finden sich dort heute das Büro der Fachschaften-Vollversammlung und des entmachteten AStA. Zahlreiche studentische Gruppen, darunter das Studierendenmagazin Kupferblau sowie hochschulpolitische Gruppen nutzen die Büros im Clubhaus, mehrere musische Gruppen führen ihre Proben dort durch. 

Der Wegfall des Clubhauses in seiner jetzigen Form würde einem tiefen Einschnitt für die Tübinger Studierendenschaft gleichkommen, da einer der letzten Räume aktiver Mitbestimmung für Studierende verschwinden würde. Die Ansprechbarkeit, die für die Arbeit jeder Studierendenvertretung von essentieller Bedeutung ist, sehen wir bei einem Abriss, bzw. einer Umwidmung des jetzigen Clubhauses erheblich gefährdet. Wie die studentische Arbeit und Mitbestimmung in Zukunft aussehen wird, hängt im Wesentlichen von der räumlichen und sachlichen Ausstattung und der Kooperationsbereitschaft des Rektorates ab. Der Vorschlag, das Clubhaus mit einer der Neubauten zu verknüpfen, zeugt von Missachtung studentischen Lebens und studentischer Selbstbestimmung. Die Fachschaften-Vollversammlung lehnt es entschieden ab, auf diesem Weg die studentischen Rechte weiter zu beschneiden, ein Auszug aus dem Clubhaus käme einer zweiten Enteignung gleich. Jegliche Unterbringung der studentischen Vertreter als Anhängsel in anderen Institutionen würde die Situation bedeutend verschlechtern. 

Wir fordern deshalb, das Clubhaus als studentische Einrichtung fortzuführen und in vollem Umfang zu erhalten. Ein Ausbau des Clubhauses ist für uns durchaus vorstellbar, sofern die Studierenden in die Planung einbezogen werden. Allerdings werden wir es begrüßen, wenn das Clubhaus, wie ursprünglich bei der Schenkung vorgesehen, einzig und allein der studentischen Mitbestimmung zur Verfügung gestellt werden wird.

Beratungseinrichtung

Ein Teil des Konzepts „Campus der Zukunft“ sieht vor, sämtliche Serviceeinrichtungen für Studierende in einem Gebäude zusammen zu fassen. Diese Forderung nach einem Studentischen Service-Center wird von der FSVV schon seit mehreren Jahren gestellt. Selbstverständlich begrüßen wir nun den Plan zur Umsetzung unserer Forderung und bringen gerne eigene Konzepte in die Ausführungsplanung ein. Selbstverständlich muss dieses Gebäude von Grund auf barrierefrei gestaltet werden, um endlich jahrelange Missstände zu beheben. Bei einer Neukonzeption des Campus müssen die Stimmen derer gehört werden, die es direkt betrifft, nämlich die der Studierenden und MitarbeiterInnen der Uni und des Studentenwerks. Oberstes Ziel der Universität sollte es sein, die Bedingungen der Lehre und des studentischen Alltags zu verbessern. Wir fordern das Rektorat daher dringend auf, seine Innovationen nicht nur auf Visionen in Beton zu beschränken, sondern auch strukturelle Reformen durchzuführen. Die derzeitige Politik des Rektorats, zentrale Einrichtungen mit englisch klingenden Namen um ihrer Selbst willen aus der Taufe zu heben, ist kurzsichtig. Dies mag vielleicht Gäste der Uni und die Juroren der „Exzellenz“-Initiative beeindrucken, verbessert aber nichts an der Lage der Studierenden. Auch über eigentlich naheliegende Verknüpfung mit dem anderen aktuellen Großprojekt der Uni, der Neugliederung der Fakultäten, wurde bisher kaum nachgedacht. 

Das bisherige Vorgehen bei der Konzeption des »Campus der Zukunft« deutet darauf hin, dass die Wünsche und Nöte der Studierenden gar nicht gehört werden. Wir würden uns daher wünschen, dass mindestens die Studierendenvertreterin im Hochschulrat der Universität vollwertiges Mitglied in den Kommissionen zur Neukonzeption des Campus und in die Jury zur Auswahl der Architektenvorschläge als gleichberechtigtes Mitglied entsandt wird. Schließlich sollte eine Universität auch für ihre Studierenden gebaut werden.