Von der Gruppenuni zur unternehmerischen Hochschule

Die FSVV, das Hochschulinformationsbüro des DGB und die ver.di-Betriebsgruppe an der Uni Tübingen laden am Mittwoch, den 19. Nov. 2008 um 20 Uhr ins Clubhaus zu einem Vortrag von Thorsten Bultmann ein. Bultmann ist Geschäftsführer des Bundes demokratischer WissenschaftlerInnen (BdWi).

Das Rektorat der Universität Tübingen hat eine Neugliederung der Fakultäten angekündigt. Damit folgt es dem Trend bundesweit stattfindender Hochschulreformen: von der Exzellenz-Initiative über Studiengebühren bis zum Umbau der Strukturen wird kräftig umgebaut. Eines der herrschenden Leitbilder ist dabei die „unternehmerische Hochschule“ mit völlig neuen Entscheidungsstrukturen, die sich an Managementkonzepten orientieren. Zum Beispiel sollen den Fakultäten in Zukunft hauptamtliche Manager vorstehen, die auch fachfremd sein können.

In der Veranstaltung werden Tendenzen dieser Umstrukturierungen aufgezeigt und deren Folgen insbesondere für die demokratische Beteiligung der Gruppen an der Hochschule diskutiert.

Am Mittwoch, 19. November 2008, 20 Uhr im Clubhaus.

Frankenberg in Tübingen

Gestern Abend sprach Peter Frankenberg, Wissenschaftsminister unseres Landes, über „Wissen und Werte als Fundament einer Gesellschaft“. Der Vortrag wurde organisiert von der AV Cheruskia, die mit besonderem Stolz hervorhob, dass ihr Bundesbruder Erwin Teufel Frankenberg zum Minister machte.

Um seine Aussagen kurz zusammenzufassen: Die 68er wollten die Werte abschaffen, aber jetzt entdecken junge Menschen die Werte (wie Familie) wieder. Ablehnung von grüner Gentechnik ist irrational. Die Klimadebatte muss als Debatte der Verantwortung des Nordens (Verursacher) für den Süden (Opfer) geführt werden. Wir brauchen mehr Atomkraftwerke, um das Klima zu retten. Die Gehälter von Wirtschaftsführern werden demokratisch bestimmt und dürfen deshalb nicht kritisiert werden. Die Debatte über einen gerechten Lohn ist falsch, da zuerst der Begriff der Gerechtigkeit klar definiert werden müsse. Die Menschen sind heutzutage verunsichert, die Familie soll ihnen Halt bieten. Wertevermittlung soll in der Familie stattfinden, an der Schule sollen die Lehrerinnen auch wieder Erzieherinnen werden, vor allem die Hochschulen sollen Werte vermitteln. Hier seien Burschenschaften besonders wichtig, da sie Studierenden eine Heimat gäben. Weiter  erklärte der Minister, dass Wertevermittlung auch über Märkte funktioniere,  da ein Markt ja auch auf Werten beruhe. Warum das Bildungsziel im Landeshochschulgesetz zum Ausbildungsziel wurde, wollte er nicht sagen. Um eine breite Bildung zu erlangen, soll man auch in andere Fächer reinschnuppern; dem stehen weder die Umstrukturierungen durch den Bachelor „und schon gar nicht Studiengebühren” entgegen. Der Vorteil des Bachelors gegenüber dem Fachhochschulabschluss sei die Auslandserfahrung der Absolventen. Frankenberg schloss mit dem Fazit: So wie die Erde immer in Bewegung bleiben müsse, sich immer verändern müsse, um das Leben zu erhalten, so müsse auch die Uni in Bewegung bleiben. „Eine Uni, die Ruhe hätte, würde einschlafen”.

Der  Vortrag war etwas ziellos. Wer eine Analyse erwartet hatte, inwiefern Wissen und Werte das Fundament einer Gesellschaft darstellen und wie zum Beispiel die Vermittlung von Wissen und Werten an den Universitäten geschehen sollte, um das Fundament der Gesellschaft zu stabilisieren oder so, wurde enttäuscht.

Nachbemerkung:
Unterdessen waren zehn weitere ZuhörerInnen in den Saal gekommen, begleitet von zwei Polizisten, die mit ihrem Funkverkehr die Veranstaltung doch erheblich störten. Als nach der Veranstaltung dann zum Sektempfang im kleinen Senat eingeladen wurde, zeigte es sich, dass es insgesamt zehn Uniformierte waren, die alle Nicht-Korporierten daran hinderten, in den kleinen Senat zu gehen. Was blieb uns übrig, als vor dem kleinen Senat zu bleiben und uns dort mit den Veranstaltern, dem Rektor und anderen Besuchern zu unterhalten? Der Minister blieb unter den Farbenträgern. Selbst als sich nur noch drei Studierende außerhalb des kleinen Senats mit Angestellten des Rektorats unterhielten, standen immer noch sechs PolizistInnen um uns herum. Die Frage „Warum?” wurde mit einem „Damit nichts passiert” beantwortet und dem Nachsatz, „Wenn wir nicht hier wären, wäre schon längst was passiert.” Wir fanden es ziemlich unverschämt, mit dieser Begründung wie Schwerverbrecher bewacht zu werden und sind der Meinung, dass eine solche Behandlung sich nicht mit den Prinzipien eines demokratischen Rechtsstaats vereinbaren lässt.