Geschichte der Uni Tübingen

Die Universität Tübingen ist eine der ältesten Universitäten Deutschlands (gegr. 1477). Ihr Gründer, Eberhard im Barte (1445 – 1496), war eigentlich kein besonders hervorragender Landesherr seiner Zeit. Er zeichnete sich lediglich durch die Wiedervereinigung Württembergs und eine Wallfahrt nach Jerusalem aus. Diese Pilgerfahrt ist übrigens der Hintergrund, dass die Palme als Symbol der Universität ausgewählt wurde.) Eine traditionsgemäße Erfüllung seiner Pflichten als christlicher Fürst kann man Eberhard also nicht absprechen.

Was aber seine Weltoffenheit betrifft, können eher Zweifel aufkommen. Denn Eberhard im Barte vertrieb im Jahr der Universitätsgründung die, kurz zuvor aus einer Verbannung zurückgekehrten, Juden wieder aus der Stadt Tübingen und der ganzen Grafschaft Württemberg. Als Grund dafür wurde der Zinswucher genannt, der die Tübinger Bevölkerung verarmen zu lassen schien. Es war jedoch Eberhard selbst, der ausbeutete. Und wen? Die Juden, von denen er übermäßig hohe Steuern verlangte, was diese wiederum veranlasste, die hohen Belastungen an ihre Kunden abzuwälzen. Dass die Vertreibung der Juden nicht alleine aus ökonomischen Gründen geschah, lässt sich an dem Testament Eberhards erkennen, in dem er die Juden auf ewig aus Tübingen verbannte. Er verfügte, dass kein Jude in Tübingen Gewerbe treiben und dort auch nicht sesshaft sein dürfe. Leider war dies keine Besonderheit der damaligen Zeit, was die Sache aber nicht besser macht.

Es ist also mehr als fraglich, ob Graf Eberhard als Namensgeber für eine weltoffene Universität herhalten kann. Auch die Traditionen, für die er steht, können wohl nicht diejenigen sein, auf die sich unsere Universität positiv beziehen sollte. Dafür haben hier zu viele Demokraten, Revolutionäre und Widerstandskämpfer studiert.

Der zweite Namensgeber, Herzog Karl Eugen (1728 – 1793), kam schon in sehr jungen Jahren an die Macht. Ihm stand ein Vormund zur Seite, der die Regierungsvollmacht erst an dessen 16. Geburtstag auf Karl Eugen übertrug. Der Anfang seiner Regierungszeit stand ganz im Zeichen eines aufgeklärten Absolutismus. Karl Eugen regierte unter dem Einfluss seiner Berater gewissenhaft und bürgernah, zum Beispiel ließ er seine Bürger Verbesserungsvorschläge an ihn richten. Mit der Zeit schwand jedoch der Einfluss seiner Berater und Karl Eugen begann ein ausschweifendes, protzendes Luxusleben. Dieser Luxus (Schlösserbau, riesige Feste) musste auch finanziert werden. Die Belastungen für die herzogliche Kasse waren aber zu groß und das Land Württemberg stand am Rande des Ruins. Um seine finanzielle Situation aufzubessern, beschloss Karl Eugen seine wehrfähige, männliche Bevölkerung nach dem Motto Euer Leben für meinen Spaß an kriegführende Mächte zu verkaufen. Ein weiteres Mittel, die Staatskasse aufzubessern, bot der Verkauf von Staatsämtern. Auktionsartig wurden so wichtige Ämter im Staat vergeben. Dass er sich auch an Kirchenvermögen halten sollte, ist nur am Rande zu erwähnen.

Keinesfalls als Randnotiz zu betrachten ist dagegen sein Umgang mit Frauen und Mädchen. Verspürte Karl Eugen gerade mal Druck oder gefiel ihm eine Frau, so ließ er sie von seinen Schergen zu sich bringen, um sich mit ihnen zu vergnügen. Ob die Frauen das wollten oder nicht, spielte für ihn keine Rolle. Wichtig war ihm nur sein Spaß.

Mit dem Alter und unter Einfluss seiner zweiten Frau, Franziska v. Leutrum, sowie unter dem Einfluss der Aufklärung mäßigte Karl Eugen sich ein wenig. Er fing an, sich für Pädagogik und Landwirtschaft zu interessieren, und versuchte, der Uni Tübingen Respekt im Land zu verschaffen, indem er sie förderte. Dieses Anliegen veranlasste ihn, im Jahr 1769 der Universität Tübingen die zweifelhafte Ehre zu erteilen, seinen Namen neben dem des Gründers Eberhard zu tragen. Doch gleichzeitig stürzte der große Förderer der Universität Tübingen diese durch den Ausbau der Militärakademie in Stuttgart zu einer vollgültigen Hochschule in eine schwere Krise (1775). Vor allem im Bereich der Medizin machte sich die Konkurrenz bemerkbar, aus der Tübingen schließlich als Sieger hervorging.

Auch Herzog Karl-Eugen steht also in einer fürstlichen Tradition, die Untertanen nur als Mittel zur fürstlichen Machterweiterung kannte und keine freien und glücklichen Staatsbürger als Zweck des Staates. Warum eine Universität in einem demokratischen Land sich auf diese Tradition beziehen will, bleibt jedoch unerklärlich.

Sicherlich sind die Leben Eberhards und Karls noch nicht erschöpfend untersucht. Aber die vorhandenen Erkenntnisse zeigen ein zweifelhaftes Bild der beiden früheren Landesherren. Dass die meisten ihrer Verfehlungen für ihren Stand und ihre Zeit typisch waren, kann keine Begründung dafür sein, sie heute als Namenspaten der Universität beizubehalten. Die Frage, die für uns Studenten entscheidend sein sollte, ist, ob wir in der Tradition einer fürstlichen Universität studieren möchten. Oder wollen wir, egal ob politisch links oder rechts oder zur Mitte hin orientiert, nicht auch einen demokratischen Namen für unsere Universität?

Literatur: