Solidarität mit der Siggi11

Die Häuser denen die drin wohnen!

Die Fachschaftenvollversammlung an der Universität Tübingen solidarisiert sich mit der Besetzung der Siggi11. Der Tübinger Wohnungsmarkt ist prekär. Eine Landesimmobilie nun leerstehen zu lassen ist ein Schritt in die falsche Richtung. Statt noch mehr Leerstand braucht es bezahlbaren Wohnraum und mehr Wohnheimsplätze.

Die Pressemitteilung der Siggi11 zur Besetzung (Quelle: http://siggi11.info/ ):

Am vergangenen Sonntag wurden im Rahmen des Siggi11 Abschiedskaffees die beiden oberen Stockwerke der Sigwartstraße 11 besetzt. Das Haus, dass seit über 40 Jahren als studentischer Wohnraum genutzt wird, sollte nach Angaben des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg (VBA), der das Grundstück und das Haus für das Land verwaltet, ab dem 1. Oktober leerstehen. Erst danach sollte geprüft werden, ob möglicherweise eine neue Nutzung für das Haus gefunden werden kann.

Auch eine FragDenStaat-Anfrage konnte bestätigen, dass das VBA Tübingen weder die Kapazitäten hat das Haus zu sanieren, noch Abriss und Neubau umzusetzen. Hinzu kommt ein aktuelles Neubaumoratorium in Baden-Württemberg, ein zeitnaher Neubau durch das Land muss also in jedem Fall als unwahrscheinlich angesehen werden.

Aus diesem Grund hatte das VBA zuletzt auch versucht, das Haus im Rahmen einer Erbpacht-Regelung an eine dritte Trägerin abzugeben und so Renovierung und Verwaltung auszulagern. Sowohl das Universitätsklinikum Tübingen, also auch das Studierendenwerk Tübingen-Hohenheim und die Universität selbst lehnten ein solches Arrangement jedoch ab. Auf ein entsprechendes Gesprächsangebot von Seiten des Vereins der letzten Bewohner*innen der Siggi11 wurde wiederum von Seiten des VBA nicht eingegangen.

Julian Petruck, einer der Vorstände des Vereines, sagt hierzu: „Wir verstehen nicht, warum das VBA nach den Absagen nicht auf eines unserer Gesprächsangebote eingegangen ist, obwohl wir konkret eine soziale Vermietung bei gleichzeitiger Renovierung und Erhaltung des Gebäudes in Aussicht gestellt haben.“

Unterstützung haben die Bewohner*innen bereits letzte Woche durch die Tübinger Studierendenschaft erhalten.

„Der Tübinger Wohnungsmarkt ist seit Jahren angespannt. Der drohende Leerstand von existierendem studentischen Wohnraum ist hierbei fatal. Auch der Studierendenrat hat sich daher am vergangenen Montag dazu entschieden, dass die Siggi11 als studentischer Wohnraum erhalten bleiben soll“ erklärt Julia Erdei, Referentin für Soziales der Verfassten Studierendenschaft Tübingen.

Dass die Wohnsituation in Tübingen angespannt ist, zeigt auch eine Regional-Analyse des Pestel-Instituts. Aktuell würden dem zufolge rund 1990 Wohnungen im Landkreis Tübingen fehlen. Dem entgegen stehen rund 3960 ungenutzte Wohnungen, wovon 2220 Wohnungen schon seit mindestens einem Jahr leerstehen.

Während Wohnraum schon lange nicht mehr für alle verfügbar ist, ist die Situation bei bezahlbaren Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen noch deutlich kritischer – hierzu zählen de facto auch viele Studierende und Auszubildende. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat der Gemeinderat 2016 eine Zweckentfremdungsverbotssatzung erlassen. Ob die gegenwärtige Praxis der Nichtvermietung eines Großteils des Hauses von dieser Satzung gedeckt ist, wird von den Besetzer*innen bezweifelt.

Die Bewohner*innen der Erdgeschoss-Wohnung gehen rechtlich gegen das Auslaufen ihrer Mietverträge vor, die aus ihrer Sicht aufgrund der grundlosen Befristung nicht rechtens waren. Sie kritisieren den drohenden Leerstand des Gebäudes bereits seit längerem und solidarisieren sich mit der Besetzung.

Die Besetzung möchte auch auf die momentane Situation auf dem Wohnungsmarkt ausmerksam machen. Kritisiert werden die seit Jahren immer stärker steigenden Mietpreise und der immer krasser steigende Anteil am Gesamteinkommen, den Menschen für eine Unterkunft ausgeben müssen. Von staatlicher Seite wird dieser Entwicklung häufig teilnahmslos zugesehen. So verringert sich die Zahl der mietpreisgebundenen Sozialwohnungen in Deutschland seit Jahren kontinuiertlich. Radikalere Wege wie die Verstaatlichung großer Immobilienkonzerne, welche von der Berliner Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ verfolgt wird, werden systematisch ausgebremst und verzögert. Wichtig wäre ein Ausbau der Unterstützung und Förderung sozialer und nicht profitorientierter Akteure im Wohnungssektor. Zentrale Elemente wären die Aufstockung des Fördertopfes für soziale Wohnungsbau, die vorrangige Förderung von Gemeinwohl-Akteuren in der

Mietwohnraumförderung, sowie die Ermöglichen von Landesbürgschaften für gemeinwohlorientierte Projekte. Diese Forderungen wurden zuletzt durch das „Netzwerk gemeinwohlorientiertes Bauen und Wohnen Baden-Württemberg“ an die Landespolitik herangetragen.

Das VBA – Amt Tübingen agiert im Fall des Hauses in der Sigwartstraße 11 entgegen den selbst erklärten Zielen des Landes und der Stadt Tübingen. Ohne einen erkennbaren Plan für das Haus zu verfolgen, wurden in den letzten Jahren und Monaten systematisch Zimmer nicht vermietet und bestehende Mietverhältnisse mit teilweise fadenscheinigen Begründungen nicht weitergeführt. Die Besetzer*innen befürchten, dass in den nächsten Wochen Maßnahmen geplant waren, die eine weitere Bewohnbarkeit des Gebäudes erschweren oder sogar verhindern würden und der Leerstand so auf Jahre bestehen bleiben würde.

„Wir verstehen nicht, dass pünktlich zum Semesterbeginn das VBA in Vertretung des Landes Baden Württemberg plant, zwölf zentral gelegene und bezahlbare Zimmer dem Tübinger Wohnungsmarkt zu entziehen. Dass ein staatlicher Akteur dieses ohne einen Folgeplan und in Missachtung des Tübinger Zweckentfremdungsverbots durchführt, ist Menschen die händeringend nach einem Zimmer suchen nicht vermittelbar.“ sagte die Besetzerin Paula Nohaus.

Die Besetzerinnen fordern vom Land einen Abriss des Gebäudes auszuschließen. Weiter fordern sie direkte Gespräche über einen Verkauf der Liegenschaft oder eine Überlassung des Grundstücks im Rahmen einer Erbpachtregelung an einen Bewohnerinnen-Verein. Ihrer Meinung nach kann nur ein solcher Verein die zukünftige Vermietung der vorhandenen zwölf Zimmer zu sozialen und bezahlbaren Konditionen garantieren.

„Bezahlbarer und angemessener Wohnraum ist ein Grundrecht. Wohnraum darf nicht den Gesetzen des freien Marktes unterliegen. Dieser schafft es nicht, den Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden. Die Mieten werden immer höher; Häuser, in denen früher gewohnt wurde, stehen heute als Spekulationsobjekt leer oder sind Ferienwohnungen. Dass es selbst ein Landesamt hier nicht schafft, Wohnraum zu erhalten, ist ein Skandal. Deswegen unterstützen wir einen Hauskauf im Rahmen des Mietshäuser-Syndikats. In Tübingen zeigen selbstverwaltete Wohnprojekte, dass es möglich ist, selbstverwaltet Wohnraum zu organisieren und dass Wohnen günstig sein kann, wenn keine Profite an Aktionäre ausgeschüttet werden müssen“, schließt Besetzerin Mira Evyok.

Solidaritätserklärung mit den Protestierenden und den Opfern der Polizeigewalt in der Türkei

In Istanbul wurde in denvergangenen Wochen ein Protestcamp von Umweltaktivist_innen am zentralen Taksim-Platz tagelang von der Polizei angegriffen und am vergangenen Samstag brutal geräumt. Der Protest richtete sich ursprünglich gegen den Bau eines Einkaufszentrums, dem eine der letzten Grünflächen in Istanbuls Innenstadt, der Gezi-Park, weichen soll. In Zuge der Räumung griff die Polizei die friedlichen Protestierenden mit aller Härte an, es kam zu hunderten Verletzten durch Knüppel, Tränengasgranaten und Wasserwerfer. Zum Teil verriegelte die Polizei U-Bahnhöfe und attackierte die darin eingesperrten Menschen mit Tränengas. Im Laufe der Proteste wurden mindestens zwei Menschen getötet; die türkische Ärzteschaft spricht bisher von rund 4000 Verletzten, 43 davon sind in kritischen Zustand[1]. 1500 Demonstrant_innen wurden bisher verhaftet. Die Medien berichteten zuerst gar nicht, später eingeschränkt über die Proteste. Während zehntausende am Taskim-Platz protestierten und die Situation durch die Polizeigewalt eskalierte, sendeten die staatlichen Fernsehsender Dokus über Hitler und Pinguine[2]. In diesem Zusammenhang ist auch zu sagen, dass in der Türkei zur Zeit 60 Journalisten in Gefängnis sitzen, dass sind mehr als in Iran oder China[3].

Nach mehrtägiger Konfrontation musste sich die Polizei nun vom Taksim-Platz zurückziehen. Infolge der massiven Polizeigewalt kam es in über 90 türkischen Städten zu Solidaritätsdemonstrationen.

Die Proteste richten sich längst nicht mehr nur gegen den Bau eines Einkaufszentrums, sondern gegen den Kurs der Regierung Erdoğan und ihre repressive Politik. So wird von der regierenden AKP Küssen oder Händchenhalten in der Öffentlichkeit als unmoralisch bezeichnet und die Position vertreten, alle Frauen hätten mindestens drei Kinder zu gebären. Auch die Knebelung der Presse ist im Zuge der Proteste offensichtlich geworden.

Schon in der Vergangenheit wurde jeder Protest unterdrückt. Insgesamt saßen schon vor den Protesten 2800 Studenten im Gefängnis[4], die meisten weil sie von ihrem Recht auf Freie Meinungsäußerung gebrauch gemacht und an Demonstrationen teilgenommen haben. Unter anderem saß eine französischstämmige Erasmusstudentin zwei Monate in Haft, weil sie an einer Bildungsdemonstration teilgenommen hatte. [5]

Die Fachschaften Vollversammlung erklärt sich mit diesen Opfern polizeilicher Gewalt solidarisch.

Stand: 10. Juni 2013

[1] http://www.stern.de/politik/ausland/tuerkei-proteste-gegen-erdogan-dauern-an-2021557.html

[2] http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-06/medien-tuerkei-proteste-fernsehen

[3] http://www.spiegel.de/politik/ausland/aufstand-gegen-premier-erdogan-tuerkischer-fruehling-in-istanbul-a-903257.html

[4] http://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article108272802/Erasmus-Studentin-besucht-Konzert-und-muss-in-Haft.html

[5] http://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article108272802/Erasmus-Studentin-besucht-Konzert-und-muss-in-Haft.html

Unibund: Studierendenbeiträge für bezahlten Geschäftsführer?

Broschüre „Attempto – der Unibund stellt sich vor“
Attempto ist auch das Motto des Unibundes

Aktive der FSVV haben seit einiger Zeit unter Studierenden Werbung für eine Mitgliedschaft im „Verein der Freunde der Universität Tübingen“, gemacht (kurz: Universitätsbund). Ihr zeigt damit eure Unterstützung der Uni und die Zugehörigkeit zu eurer Alma Mater, argumentierten wir, die man nicht nur als schnöden Fähigkeitsvermittler sehen sollte – und was spricht dagegen, schließlich kostet die Mitgliedschaft für Studierende nichts.

Der Unibund lädt nun aber zu seiner Jahresversammlung ein, und neben der Verleihung des Attempto-Preises, der Ehrung langjähriger Mitglieder und dem Bericht des Rektors stehen auch Satzungsänderungen an:

  • Der Passus „Studierende sind Beitragsfrei“ wird gestrichen.
  • Der Beitrag für Studierende wird auf 10€ festgesetzt. Die übrigen Mitgliedsbeiträge werden erhöht.
  • Neu aufgenommen in die Satzung wird der Passus: „Die Tätigkeit des Geschäftsführers kann vergütet werden“

Begründung für letzteres? „Empfehlung der Finanzverwaltung nach satzungsrechlicher Anspruchsgrundlage“. Für die Beitragserhöhungen werden „wirtschaftliche Gründe“ angeführt. Alle Unibund-Mitglieder, die genaueres wissen wollen, müssen also selbst am 13.10. 2010 um 14:30 zur Mitgliederversammlung erscheinen und dort genau nachfragen.

Morgen, Studis, wirds was geben

Es ist nicht mehr lang hin zum ersten Advent. Wie schon in den vergangenen Jahren, wirds auch diesmal andächtig – mit Weihnachtsliedern zur Bildungspolitik. Sollten sich Studierende im Kupferbau zu einer ausgedehnten Weihnachtsfeier einfinden, können sie nun für passende Atmpsphäre sorgen. Kerzen stehen bald zum Download bereit. Erste Chorproben finden Dienstag 12 Uhr im Foyer des Kupferbaus statt.

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Frankenberg in Tübingen

Gestern Abend sprach Peter Frankenberg, Wissenschaftsminister unseres Landes, über „Wissen und Werte als Fundament einer Gesellschaft“. Der Vortrag wurde organisiert von der AV Cheruskia, die mit besonderem Stolz hervorhob, dass ihr Bundesbruder Erwin Teufel Frankenberg zum Minister machte.

Um seine Aussagen kurz zusammenzufassen: Die 68er wollten die Werte abschaffen, aber jetzt entdecken junge Menschen die Werte (wie Familie) wieder. Ablehnung von grüner Gentechnik ist irrational. Die Klimadebatte muss als Debatte der Verantwortung des Nordens (Verursacher) für den Süden (Opfer) geführt werden. Wir brauchen mehr Atomkraftwerke, um das Klima zu retten. Die Gehälter von Wirtschaftsführern werden demokratisch bestimmt und dürfen deshalb nicht kritisiert werden. Die Debatte über einen gerechten Lohn ist falsch, da zuerst der Begriff der Gerechtigkeit klar definiert werden müsse. Die Menschen sind heutzutage verunsichert, die Familie soll ihnen Halt bieten. Wertevermittlung soll in der Familie stattfinden, an der Schule sollen die Lehrerinnen auch wieder Erzieherinnen werden, vor allem die Hochschulen sollen Werte vermitteln. Hier seien Burschenschaften besonders wichtig, da sie Studierenden eine Heimat gäben. Weiter  erklärte der Minister, dass Wertevermittlung auch über Märkte funktioniere,  da ein Markt ja auch auf Werten beruhe. Warum das Bildungsziel im Landeshochschulgesetz zum Ausbildungsziel wurde, wollte er nicht sagen. Um eine breite Bildung zu erlangen, soll man auch in andere Fächer reinschnuppern; dem stehen weder die Umstrukturierungen durch den Bachelor „und schon gar nicht Studiengebühren” entgegen. Der Vorteil des Bachelors gegenüber dem Fachhochschulabschluss sei die Auslandserfahrung der Absolventen. Frankenberg schloss mit dem Fazit: So wie die Erde immer in Bewegung bleiben müsse, sich immer verändern müsse, um das Leben zu erhalten, so müsse auch die Uni in Bewegung bleiben. „Eine Uni, die Ruhe hätte, würde einschlafen”.

Der  Vortrag war etwas ziellos. Wer eine Analyse erwartet hatte, inwiefern Wissen und Werte das Fundament einer Gesellschaft darstellen und wie zum Beispiel die Vermittlung von Wissen und Werten an den Universitäten geschehen sollte, um das Fundament der Gesellschaft zu stabilisieren oder so, wurde enttäuscht.

Nachbemerkung:
Unterdessen waren zehn weitere ZuhörerInnen in den Saal gekommen, begleitet von zwei Polizisten, die mit ihrem Funkverkehr die Veranstaltung doch erheblich störten. Als nach der Veranstaltung dann zum Sektempfang im kleinen Senat eingeladen wurde, zeigte es sich, dass es insgesamt zehn Uniformierte waren, die alle Nicht-Korporierten daran hinderten, in den kleinen Senat zu gehen. Was blieb uns übrig, als vor dem kleinen Senat zu bleiben und uns dort mit den Veranstaltern, dem Rektor und anderen Besuchern zu unterhalten? Der Minister blieb unter den Farbenträgern. Selbst als sich nur noch drei Studierende außerhalb des kleinen Senats mit Angestellten des Rektorats unterhielten, standen immer noch sechs PolizistInnen um uns herum. Die Frage „Warum?” wurde mit einem „Damit nichts passiert” beantwortet und dem Nachsatz, „Wenn wir nicht hier wären, wäre schon längst was passiert.” Wir fanden es ziemlich unverschämt, mit dieser Begründung wie Schwerverbrecher bewacht zu werden und sind der Meinung, dass eine solche Behandlung sich nicht mit den Prinzipien eines demokratischen Rechtsstaats vereinbaren lässt.