Solidaritätserklärung mit den Protestierenden und den Opfern der Polizeigewalt in der Türkei

In Istanbul wurde in denvergangenen Wochen ein Protestcamp von Umweltaktivist_innen am zentralen Taksim-Platz tagelang von der Polizei angegriffen und am vergangenen Samstag brutal geräumt. Der Protest richtete sich ursprünglich gegen den Bau eines Einkaufszentrums, dem eine der letzten Grünflächen in Istanbuls Innenstadt, der Gezi-Park, weichen soll. In Zuge der Räumung griff die Polizei die friedlichen Protestierenden mit aller Härte an, es kam zu hunderten Verletzten durch Knüppel, Tränengasgranaten und Wasserwerfer. Zum Teil verriegelte die Polizei U-Bahnhöfe und attackierte die darin eingesperrten Menschen mit Tränengas. Im Laufe der Proteste wurden mindestens zwei Menschen getötet; die türkische Ärzteschaft spricht bisher von rund 4000 Verletzten, 43 davon sind in kritischen Zustand[1]. 1500 Demonstrant_innen wurden bisher verhaftet. Die Medien berichteten zuerst gar nicht, später eingeschränkt über die Proteste. Während zehntausende am Taskim-Platz protestierten und die Situation durch die Polizeigewalt eskalierte, sendeten die staatlichen Fernsehsender Dokus über Hitler und Pinguine[2]. In diesem Zusammenhang ist auch zu sagen, dass in der Türkei zur Zeit 60 Journalisten in Gefängnis sitzen, dass sind mehr als in Iran oder China[3].

Nach mehrtägiger Konfrontation musste sich die Polizei nun vom Taksim-Platz zurückziehen. Infolge der massiven Polizeigewalt kam es in über 90 türkischen Städten zu Solidaritätsdemonstrationen.

Die Proteste richten sich längst nicht mehr nur gegen den Bau eines Einkaufszentrums, sondern gegen den Kurs der Regierung Erdoğan und ihre repressive Politik. So wird von der regierenden AKP Küssen oder Händchenhalten in der Öffentlichkeit als unmoralisch bezeichnet und die Position vertreten, alle Frauen hätten mindestens drei Kinder zu gebären. Auch die Knebelung der Presse ist im Zuge der Proteste offensichtlich geworden.

Schon in der Vergangenheit wurde jeder Protest unterdrückt. Insgesamt saßen schon vor den Protesten 2800 Studenten im Gefängnis[4], die meisten weil sie von ihrem Recht auf Freie Meinungsäußerung gebrauch gemacht und an Demonstrationen teilgenommen haben. Unter anderem saß eine französischstämmige Erasmusstudentin zwei Monate in Haft, weil sie an einer Bildungsdemonstration teilgenommen hatte. [5]

Die Fachschaften Vollversammlung erklärt sich mit diesen Opfern polizeilicher Gewalt solidarisch.

Stand: 10. Juni 2013

[1] http://www.stern.de/politik/ausland/tuerkei-proteste-gegen-erdogan-dauern-an-2021557.html

[2] http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-06/medien-tuerkei-proteste-fernsehen

[3] http://www.spiegel.de/politik/ausland/aufstand-gegen-premier-erdogan-tuerkischer-fruehling-in-istanbul-a-903257.html

[4] http://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article108272802/Erasmus-Studentin-besucht-Konzert-und-muss-in-Haft.html

[5] http://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article108272802/Erasmus-Studentin-besucht-Konzert-und-muss-in-Haft.html