Wir freuen uns, dass jeder von Ihnen einen Sitzplatz hat.

Immer bereit, an der Uni-Palme zu nagen.
Immer bereit, an der Uni-Palme zu nagen.

Wie schon berichtet herrschen zur Zeit (unter anderem) in der Amerikanistik katastrophale Zustände. 700 neuimmatrikulierte Studierende in einer einzigen Vorlesung – das war für Prorektorin Steffanie Gropper, zuständig für Studium und Lehre, ein Anlass, sich bei den Studierendem zu entschuldigen. Auch Rektor Engler war anwesend, verließ aber den Saal, als ein lustiger Biber zur Tür hereinkam und sich auf eine Bank setzte.

Die Prorektorin blieb. Nachdem viele Studierende nach den Erfahrungen der letzten Woche gar nicht erst gekommen waren, begrüßte sie die verbliebenen: Wir freuen uns, dass jeder von Ihnen einen Sitzplatz hat! Gropper erklärte den Studierenden, man habe neue Seminare eingerichtet, um dort auf eine akzeptable Größe von 35 Studierenden zu kommen, zudem werde die Vorlesung in HS 22 übertragen. Auch versicherte sie, dass Pläne vorhanden seien, die den Studierenden ein vernünftiges Weiterstudieren ermöglichen sollten.

Ungefragt trat danach ein Vertreter der FSVV ans Rednerpult. Es gibt keinen Plan, widersprach er. Die Neuimmatrikulierten seien hierher gekommen, weil die Universität einen hervorragenden Ruf habe und müssten nun so etwas wie hier erleben. Lasst euch das nicht gefallen, rief er, fordert ein, was man euch verspricht. Er erinnerte die Anwesenden, dass es sowohl um die Zukunft der Studierenden gehe als auch um die der Universität und beschrieb, dass es schon unrealistisch sei, dass genügend Prüfer zur Verfügung stünden. Die Anwesenden applaudierten. Es gibt keinen Plan, wiederholte er – man möchte hinzufügen: Keinen, der je öffentlich werden würde, denn aus den betroffenen Fächern war schon durchgesickert, dass das Rektorat von den Dozierenden erwartet, den Jahrgang ganz einfach klein zu prüfen.

Leere statt Lehre im HS 22
Leere statt Lehre im HS 22

Professor Tonn, der anschließend die Vorlesung hielt, ging mit keinem Wort auf die Probleme und seine Vorredner ein. Ob das die Angst vor der Politik des Rektorats ist, oder ob er schlicht die verlorene Zeit aufholen möchte, unterliegt Spekulationen. Vielleicht ist er aber auch schon jetzt in seiner Arbeit überlastet, denn das Institut läuft schließlich auf einem vielfachen seiner Kapazität. Wem es jetzt noch nicht klar ist: Es muss so einiges passieren. Der Biber nagt weiter an der Universitätspalme – und wenn die Studierenden nichts tun, wird sich daran nichts ändern.

Missbrauch von Studiengebühren in der Medizin?

StudgebWie die Tübinger SPD-Landtagsabgeordnete Rita Haller-Haid in einer Pressemeldung erklärte, sollen über eine halbe Million Studiengebühren für Baumaßnahmen verwendet werden. Konkret handele es sich um Laborräume für 1,6 Mio Euro, von denen 550 000 € aus Studiengebühren aufgebracht werden sollten. Die zuständigen Gremien hätten die Verwendung zwar bereits „abgenickt“, eine solche Verwendung sei aber „vom Hochschulrecht so nicht gedeckt“. Da wiegt es umso schwerer, dass das geplante Vorgehen durch Wissenschaftsminister Frankenberg selbst gedeckt werde. Die Abgeordnete kündigte an, sich auch dort um Aufklärung zu bemühen.

Der Rektor der Eberhardina Karolina, Bernd Engler persönlich, widersprach Haller-Haid noch am selben Tag – ebenfalls per Pressemeldung. Hier erklärt er erstens, „dass an der Universität Tübingen einschließlich der Medizinischen Fakultät die Studiengebühren völlig korrekt verwendet werden“, zweitens die von Haller-Haid beschriebene geplante Verwendung der Studiengebühren „keineswegs gesetzeswidrig“ sei und drittens „eine Verwendung der Gebühren für die Schaffung von Laborräumen keineswegs vorgesehen“ sei.

So sieht es auch die Fachschaft, die im Rahmen einer studentischen Vollversammlung mit ihrem Studiendekan darüber diskutierte, ob und für welche Projekte Restmittel aus Studiengebühren verwendet werden sollen. Man kam dabei überein, das bestehende Lerngebäude auf dem Schnarrenberg um eine Etage aufzustocken um ein Multifunktionslernraum installieren zu können. Dort soll es ausschließlich Studierenden möglich sein, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten in der klinischen Arbeit an Simulatoren zu trainieren und zu verbessern. Aus diesem Grund, und weil gleichzeitig eine Mitfinanzierung von Universitätsklinikum und Land zu je einem Drittel zugesichert wurde, war man bereit, 500.000 € aus Studiengebührenrestmitteln für dieses Projekt zur Verfügung zu stellen.

Der Fachschaft Medizin war dabei sehr wohl bewusst, dass eine Zustimmung nicht unumstritten sein dürfte und dass diese Maßnahme auch zur Nachahmung an anderen Fakultäten und Universitäten führen könnte. Dennoch entschloss man sich zu einer derartigen Studiengebührenverwendung, um die Lernsituation an der medizinischen Fakultät zu verbessern. Doch auch die Abgeordnete hat recht, wenn sie diesen Vorgang in einem größeren Zusammenhang betrachtet:

„[D]er Vorgang [ist] nur ein Testlauf, wie weit man gehen kann.“ Demnächst könne jedes Finanzloch an den Hochschulen mit Studiengebühren gestopft werden, Geld, das den Hochschulen vorher entzogen wurde. „Damit wird nicht bloß die Zweckbindung der Studiengebühren aufgeweicht, sondern man macht sich von den nach wie vor völlig unsozialen Studiengebühren abhängig“ so Haller-Haid.