Die Fachschaftenvollversammlung nimmt hiermit Stellung zu den Änderungen des Senats an der Berufungsliste für die Professur für Gegenwartsliteratur am Deutschen Seminar:
Wir halten die Änderungen des Senats und Rektorats an der Liste für kritikwürdig. Die in der Berufungskommission des Deutschen Seminars erstellte Liste enthielt nach Ansicht aller qualifizierten Beteiligten drei hochkarätige Bewerber_innen, die auf die ausgeschriebene Professur und in das Profil der renommierten Tübinger Germanistik gepasst hätten. Die Kürzung der Liste bedeutet nun, dass die Chancen, die vakante Stelle zum nächsten Semester zu besetzen, deutlich sinken. Es muss dabei beachtet werden, dass der einzige verbliebene Kandidat stark umworben ist. Zudem ist die Ausstattung des ausgeschriebenen Lehrstuhls problematisch.
Eine andauernde Vakanz des Lehrstuhls würde sowohl die Qualität der Lehre als auch das Forschungsprofil der Tübinger Germanistik schwächen. Wir schließen uns deshalb dem Protest von Berufungskommission, Seminar und Fakultät an und kritisieren die Entscheidung des Senats, zwei Namen aus der vorgelegten Berufungsliste zu streichen.
Den vorliegenden Einzelfall möchten wir darüber hinaus zum Anlass für eine grundsätzliche Positionierung der Studierendenvertretung zur Rolle des Senats in Berufungsverfahren nehmen.
Das einzig sinnvolle Verfahren bei der Besetzung einer Professur ist die Bildung einer fachbezogenen Berufungskommission, die sich in die gefragte Thematik und vor allem in die Qualifikation der Bewerber intensiv einarbeitet. Die Ergebnisse der Kommission werden zwar mit gutem Grund von Fakultätsrat und Senat kontrolliert. Diese übergeordneten Gremien dürfen jedoch nur in gut begründeten Ausnahmefällen von ihrem Recht Gebrauch machen, eine vorgelegte Berufungsliste zu ändern. Ein solcher Fall ist insbesondere dann gegeben, wenn der Verdacht besteht, dass persönliche Interessen oder andere nicht fachbezogene Faktoren die Entscheidung einer Berufungskommission beeinflusst haben. Hier müssen die übergeordneten Gremien einschreiten.
Von einer inhaltlichen Diskussion um die fachliche Eignung der Bewerber_innen – wie im vorliegenden Fall geschehen – sollten Fakultätsrat und Senat jedoch Abstand nehmen. Die fachliche Kompetenz, die Eignung und Passung einzelner Wissenschaftler_innen zu beurteilen, ist in aller Regel nur in der Berufungskommission gegeben, die im Wesentlichen aus Vertreter_innen des betroffenen Faches zusammengesetzt ist.
Wir fordern daher die Mitglieder des Senats auf, sich künftig auf ihre Rolle als formale Kontrollinstanz zu beschränken und sich in Fragen nach der fachlichen Eignung einzelner Bewerber_innen zurückzuhalten.
Das Argument, Bewerber_innen ab einem bestimmten Alter seien allein aus Altersgründen nicht berufbar, lehnen wir ab. Es mag sein, dass auf übergeordneter Ebene die Auffassung besteht, man könne Altersgründe zur Grundlage für die Ablehnung qualifizierter Bewerber_innen machen. Dies sollte für den Senat jedoch kein Grund sein, in vorauseilendem Gehorsam Bewerber_innen ab einem bestimmten Alter aus Berufungslisten zu streichen.
die Fachschaftenvollversammlung